Ausgang der Frühjahrskämpfe 339
erlebt hatten. Von nutzlosen Betrachtungen war ich kein Freund, ich konnte
es aber doch nicht unterlassen, mir Rechenschaft von der Entwicklung
unserer Lage zu geben, falls der Russe im April/Mai angegriffen und auch
nur kleine Erfolge gehabt haben würde. Wir hätten dann, wie im Herbst
1916, mitten in einem ungemein schweren Kampf gestanden. Auch unser
Munitionsbestand wäre bedenklich gesunken. Setze ich jetzt nachträglich
die russischen Erfolge vom Juli für den AprilMai ein, so weiß ich kaum,
wie die Oberste Heeresleitung der Lage hätte Herr werden sollen. Im
April und Mai des Jahres 1917 hat uns trotz unseres Sieges in der
Aisne-Champagne--Schlacht allein die russische Revolution vor Schwerem
bewahrt.
Der russische Angriff kam später, im Juli, zwei bis drei Monate nach
Einsetzen der englisch-französischen Offensive; das war kein vereintes
Schlagen, wie im Herbst 1916, das war ein getrenntes Marschieren, und
wir konnten, auf der inneren Linie handelnd, die einzelnen Gegner auch
einzeln abwehren und bewältigen.
Auch an der italienischen Front wurde im Mai heftig gekämpft. Die
10. Isonzoschlacht endete für die italienische Armee wiederum erfolglos.
In Mazedonien brach eine groß angelegte feindliche Offensive vor den
bulgarischen Linien zusammen.
Der U-Bootkrieg hatte in den Monaten April und Mai weiter gut
gewirkt und unsere Westfront entlastet.
IV.
Nach ihrem großen Fehlschlag im April und Mai und dem bigßher ein-
getretenen Ausfall Rußlands sahen sich England und Frankreich vor einer
neuen Lage. Sie beschlossen einen zweiten gewaltigen Angriff, um noch
im Jahre 1917 zu siegen. Zugleich wollten sie sich aber auch die Gewähr
dafür verschaffen, daß ihnen der Enderfolg jedenfalls 1918 gewiß sei. Sie
legten den Schwerpunkt ihres Angriffs nach Dpern, zur Einnahme der
deutschen U-Bootbasis in Flandern. Die Überführung der Neuformationen
der Vereinigten Staaten nach Frankreich für das Jahr 1918 war durch
den Kampf gegen unsere U-Boote sicherzustellen.
Die französische Armee verhielt sich vorläufig untätig, um sich nach
der erlittenen Niederlage innerlich zu festigen. Sie nahm später nur
örtliche Kampfhandlungen, wennschon von großer Stärke, vor. Die
Schwerkraft des englischen und belgischen Heeres, unterstützt durch Fran-
zosen, wurde zum Angriff in Flandern bereit gestellt. Auch am Isonzo,
in Mazedonien und Palästina sollte von neuem angegriffen werden.
Im Sommer 1917 machte ich mir naturgemäß über die bereits in
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