Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

346 Der Entente-Angriff im ersten Haldjahr 1917 
  
reichisch-ungarische Front ein. K. u. k. Truppen gingen in Menge zum 
Feinde über. Der Oberbefehlshaber Ost mußte erhebliche Reserven ein- 
setzen, um den Stoß am 2. aufzufangen. Weitere russische Angriffe brachen 
zusammen. Der Angriff auf die Südarmee begann am 4. Juli. Das mehr- 
tägige heiße Ringen endete mit einem vollen Abwehrerfolge der Armee 
des Generals Grafen v. Bothmer, die fast ausschließlich aus deutschen 
Truppen bestand. 
Südlich des Dnjestr hatte der russische Angriff gegen die k. u. k. 
3. Armee am 6. und 7. Juli vollen Erfolg. Die k. u. k. Truppen wichen 
zurück, eine frisch eintreffende deutsche Division suchte den Rückzug aufzuhal- 
ten, wurde aber mit zurückgerissen. Die Russen drangen bis an die Lomnitza 
vor und besetzten Kalusch. Die Lage war für den Oberbefehlshaber Ost 
kritisch. Er hatte seine Reserven zu dem beabsichtigten Gegenangriff zwi- 
schen Zborow und dem Sereth in Richtung Tarnopol versammelt, 
ebendorthin waren auch die Westdivisionen im Anrollen. Wie im Vor- 
jahre die Front des Erzherzogs Karl gestützt werden mußte, bevor 
wir zu einem Aufmarsch gegen Rumänien kamen, so mußte der Oberbe- 
fehlshaber Ost jetzt wieder die k. u. k. Truppen, und namentlich die k. u. k. 
3. Armee verstärken, bevor er seine Bereitstellung zum Gegenstoß durch- 
führen konnte. Es ist in hohem Grade anzuerkennen, daß er trotz der 
Schwankungen südlich des Dujestrs und trotz der heftigen Angriffe, die 
jetzt auch im Norden einsetzten, zu dem Stoß nördlich Zborow kam und 
die Operation rücksichtslos durchführte. 
Bei Kalusch waren wir vom Glück begünstigt. Die russische Armee 
hatte bereits zu viel von ihrem früheren Angriffsgeist eingebüßt und war 
nicht mehr über die Lomnitza gegangen. Die ersten eintreffenden deutschen 
Truppen vermochten daher, auch dank tatkräftigen Eingreifens des Majors 
Frhrn. v. dem Bussche von meinem Stabe, die Lage zu halten. Am 
15. Juli konnten sie Gelände gewinnen; damit war die Krise über- 
standen. 
Von den Angriffen gegen die alte Front des Oberbefehlshabers Ost 
war der südlich Smorgon bei Krewo am 21. Juli erfolgende besonders 
heftig; der Russe brach in eine dort auf sehr breiter Front stehende Land- 
wehr-Division ein, die sich ungemein tapfer wehrte. Es sah einige Tage 
sehr ernst aus, bis Reserven und unser Artilleriefeuer die Lage wiederher- 
stellten. Der Russe räumte wieder unsere Gräben. Er war nicht mehr 
der alte. 
Inzwischen hatte die Angriffsgruppe ihren Aufmarsch zwischen Zborow 
und dem Sereth vollzogen. Leider mußte der Angriff infolge überaus un- 
günstiger Witterung um zwei bis drei Tage bis zum 19. Juli aufgeschoben 
werden. Es war dies der Tag, an dem im deutschen Reichstage die
	        
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