Die Friedensresolution 365
Die Friedensresolution ging von der Tribüne des Reichstages in die
Welt. Sie erzielte auf unsere Feinde, wie klar vorauszusehen war, keine
politische Wirkung. Der Feind faßte sie als ein Schwächebekenntnis
auf. Bulgarien und die Türkei begannen an unserem Siege zu zweifeln.
Nach innen wirkte sie nicht so, wie die Antragsteller erhofften. Statt nun
aber aus der ablehnenden Haltung unserer Feinde die Folgen zu ziehen
und den Kampfwillen zu stärken, trieb man, ohne mit dem Feinde zu
rechnen, immer mehr in den unglückseligen Gedanken eines Ver—
ständigungsfriedens hinein, den wir jederzeit haben könnten. Hierin
sollte das Verhängnis der Friedensresolution liegen. Die Oberste Heeres-
leitung hat sie militärisch für nicht richtig gehalten. Der Generalfeld-
marschall und ich ermächtigten aber den Reichskanzler, unsere Zustimmung
zu seiner Stellungnahme zu ihr öffentlich auszusprechen, weil er einen
Konflikt mit der Mehrheit des Reichstags im Interesse unserer Kriegführung
vermieden sehen wollte. Wir nahmen damit die Friedensresolution auch
auf unsere Schultern, wir hielten dies für weniger schädlich als
Wirren im Innern. So weit waren die inneren Zustände Deutschlands
gekommen! Wir hofften, daß der neue Reichskanzler sie, wenn auch nur
langsam, bessern würde, und hielten deshalb ein Entgegenkommen auf seine
Wünsche für notwendig. ·
Die Stimmungsverschlechterung der Heimat hatte sich mir in Berlin
förmlich aufgedrängt. Ich durfte die Hände nicht in den Schoß legen und
zusehen, wie der seelische Niedergang unseres Volkes weiter vorschritt und
unsere Kriegsfähigkeit in Frage stellte. Darum wiederholte ich bei dem
neuen Reichskanzler die Bitte, die ich im Dezember des Vorjahres seinem
Vorgänger vorgelegt hatte, die Führung der Presse und die Aufklärung des
Volkes durch eine unmittelbar unter ihm, dem Reichskanzler, stehende
Stelle in die Hand zu nehmen. Er sagte mir Besprechung des Antrags auf
Ende August zu. «
VII.
Der Geist in der Heimat gebot dringend, zu handeln. Wir hatten
die besten Aussichten, den Krieg zu gewinnen. Aber er war noch
nicht beendet, das Gewonnene mußte erhalten bleiben. Vieles hatte noch
hinzuzukommen. Die Gemütsverfassung in der Heimat stellte alles in Frage.
Auch die unmittelbare Wühlarbeit im Heere wurde bemerkbar. Am
25. Juli schrieb der Generalquartiermeister: „Es besteht die Gewißheit,
daß die unabhängige Sozialdemokratie eine die Manneszucht im höchsten
Maße schädigende Wühlarbeit im Heere betreibt.“ Daß dem bereits zu
dieser Zeit schon so war, wird von dem Führer der Unabhängigen sozial-
demokratischen Partei, Ledebour, bestätigt. Er sagte in einer Versamm-