Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

Der vaterländische Unterricht 369 
  
und gründeten die „Vaterlandspartei“. Ich habe in keinen Beziehungen 
zu ihr gestanden. Ihr Wirken war mir aber im Interesse der Kriegführung 
hochwillkommen; daß sie in ihren Zielen zu weit ging, schadete nichts. 
Kriegsstürme sorgen schon dafür, daß Bäume nicht in den Himmel wachsen. 
Ich begann zu hoffen, daß durch die Vaterlandspartei nun doch etwas 
Gutes erreicht werden könnte. Dies Hoffen war von kurzer Dauer. Auch 
die Vaterlandspartei wurde in das Gebiet der inneren Politik gezogen: 
wir trieben eben nur innere statt Kriegspolitik. Der Schwung der Vater- 
landspartei — mag auch ihr Name kein glücklicher und auch sonst bei ihrer 
Gründung dies und jenes der Sache nicht vorteilhaft gewesen sein — 
wurde durch ihre Gegner und die Regierung gebrochen. Graf Hertling 
folgte hierbei nicht nur den Mehrheitsparteien, es entsprach dies zu meinem 
Erschrecken seinen ureigensten Anschauungen. Statt der Kriegführung 
Bundesgenossen zuzuführen, nahm die Regierung ihr solche, ohne selbst 
Ersatz zu geben. Es war wirklich so: der Herrgott im Himmel verließ sein 
deutsches Volk, weil es sich selbst verlassen hatte. 
Mir lag daran, persönlich einen Einblick in den vaterländischen 
Unterricht zu gewinnen. Ich ließ deshalb in Kreuznach von dem Auf- 
klärungsoffizier aus Saarbrücken einen Vortrag halten, wie er es in der 
breiten Offentlichkeit tat. Der Vortragende, Leutnant Schmetzer, schil- 
derte die Folgen eines unglücklichen Krieges für unsere Arbeiter beson- 
ders ergreifend. Er zeigte, wie sie arbeits= und brotlos oder Sklaven 
des internationalen Kapitals würden. Ich kann es nur aussprechen, wir 
alle, die wir dem Vortrage zuhörten, waren bewegt. Ich glaubte, er 
böte allgemeines Interesse, namentlich auch für den Staatssekretär des 
Auswärtigen Amtes, und ließ ihn in dessen Gegenwart wiederholen. Leider 
haben sich die Hoffnungen, die ich daran knügpfte, nicht erfüllt. 
Von den durch ihren täglichen Dienst voll in Anspruch genommenen 
Frontoffizieren, insonderheit von den jugendlichen Kompagnieführern, war 
nicht vorauszusetzen, daß sie dem vaterländischen Unterricht genügendes Ver- 
ständnis entgegenbringen würden. Er sollte deshalb von Offizieren geleitet 
werden, die den Pulsschlag der Heimat und des Heeres fühlten und es 
besonders verstanden, sich in die Gedankengänge der Soldaten an der Front 
hineinzuleben. Sie sollten sich wieder an hierzu befähigte Offiziere, Unter- 
offiziere und Mannschaften wenden, auch Männer aus der Heimat 
heranziehen. Der Unterricht stellte eine vollständig neue Aufgabe 
dar, er hatte in der Armee selbst Mißtrauen und viele Schwierigkeiten zu 
überwinden. Auch war die verständnisvolle Auswahl der Aufklärungs- 
offiziere nicht leicht. Es mußte viel Zeit vergehen, ehe sich alles einlebte. 
Auch nach Einrichtung des vaterländischen Unterrichts blieb ich mit 
den Armee-Oberkommandos über den Geist und die Stimmung des Heeres 
Kriegserinnerungen 1914—18. 24
	        
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