Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

Kurland und Litauen 377— 
  
würde, war ihre Sache, mir genügte es, von dem Auswärtigen Amt die 
Zustimmung zu einer klaren Politik gewonnen zu haben. Ich betonte ihm 
gegenüber meine Genugtuung, daß zwischen ihm und der Obersten Heeres- 
leitung Einigung über die Politik der nächsten Zeit im Bereich des Ober- 
befehlshabers Ost erzielt worden sei. Dieser erhielt Anfang August ent- 
sprechende Weisungen, die zur Bildung von „Landesräten“ führen sollten. 
Ich hoffte, daß wir bei genügender Festigkeit und Stetigkeit das Ziel 
erreichen würden. Die Litauer konnten im Rahmen dieser Lösung besser 
zu ihrem Recht kommen als im Anschluß an Polen oder Rußland. Urteils- 
fähige Litauer hatten auch klar erkannt, daß sie nur mit Hilfe Deutschlands 
ihr Volkstum erhalten konnten. Hierzu gehörte die Geistlichkeit, die uns 
in höherer Einsicht und dank der von uns betriebenen Rückkehr des Bischofs 
von Kowno wohlgesinnt war. Die litauische Demokratie glaubte an die 
Macht des Schlagwortes von dem Selbstbestimmungsrecht der kleinen 
Nationen, obschon dieses in dem Völkergemisch Litauens gar nicht gerecht 
auszuüben war. Sie sah, befangen in politischen Theorien, nicht die Polen- 
gefahr, die in Wirklichkeit auch ihr Land bedroht. 
Die dritte Frage, die mich im Sommer 1917 beschäftigte, war die 
elsaß-lothringische. Die Oberste Heeresleitung konnte sie naturgemäß nur 
von dem Standpunkt aus betrachten, den zu vertreten ihre Aufgabe war, 
und das war nun einmal der militärische. Die Eindrücke, die ich als 
Brigadekommandeur in Straßburg gewonnen hatte, und die vielen 
traurigen Erfahrungen dieses Krieges, die sich auf Elsaß-Lothringen beziehen, 
ließen keinen Zweifel in mir aufkommen, daß die staatsrechtliche Stellung 
Elsaß-Lothringens als Reichsland ein Zwitterding sei und nicht den Interessen 
der Bewohner entsprach. Vom Reichstage aus wurde zu viel hineinregiert. 
Es wurde eine unklare und schwächliche Politik getrieben, die niemanden 
befriedigen konnte. Ich strebte den Anschluß Elsaß-Lothringens an Preußen 
an, das bedeutete keineswegs ein „Verpreußen“ seiner Bewohner. Preußen 
hat die Rheinprovinz in sich aufgenommen, ihre Bevölkerung hat dabei 
ihre Eigenart behalten und sich kraftvoll entwickelt; warum sollte nicht auch 
Elsaß-Lothringen einen ähnlichen Weg zum Glück seiner Bewohner gehen, 
die in ihrer Stammesart und wirtschaftlich aufs engste mit Deutschland 
verbunden sind. Auch andere Lösungen konnte man sich denken. Jeden- 
falls mußte die Einheitlichkeit der Kommandogewalt über die an der Grenze 
stehenden Truppen, des Grenzschutzes und der Eisenbahnen voll gewährleistet 
sein. Dies war allerdings bei einer anderen als der preußischen Lösung, 
wenn der Frage wirklich in allen Einzelheiten auf den Grund gegangen 
würde, nur schwer zu erreichen. 
Ich habe mich vom militärischen Standpunkt aus gegen eine 
Autonomie als die wenigst glückliche Lösung ausgesprochen. Welche aber
	        
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