Die Einnahme der Forts 31
hatte Sorge um ihr Geschick. Diese Spannung löste sich, der Feind
tat nichts.
Die Schilderung der weiteren Ereignisse vor Lüttich fällt der Kriegs-
geschichte zu.
Ich vermochte nur noch bei der Einnahme des Ft. de Pontisse an der
Nordfront mitzuwirken und kam hinzu, als das Ft. Loncin fiel. Ein
Schuß unseres 42 cm-Geschützes hatte es getroffen. Die Munitionsräume
waren in die Luft gegangen und das Werk in sich zusammengefallen. Ge-
schwärzte, geistig völlig verwirrte belgische Soldaten, vermischt mit deut-
schen Kriegsgefangenen aus der Nacht vom 5./6. August, krochen aus den
Trümmerhaufen hervor. Blutend, mit hocherhobenen Händen, kamen sie
uns entgegen. „Ne pas tuer, ne pas tuer“ (Nicht töten, nicht töten)
brachten sie stammelnd hervor. Wir waren keine Hunnen. Unsere Sol-
daten brachten Wasser herbei, um den Feind zu erfrischen.
Die Werke kamen nach und nach und so rechtzeitig in unsere Hand, daß
der rechte Flügel des deutschen Heeres den Vormarsch über die Maas nach
Belgien hinein ungehindert ausführen konnte. Mir war ein Stein vom
Herzen gefallen. · .
Ich habe es als besondere Gunst des Schicksals angesehen, daß ich
bei der Einnahme von Lüttich mitwirken konnte, zumal ich im Frieden
an dem Entwurf zum Angriff mitgearbeitet hatte und von der Wichtig-
keit der Aufgabe durchdrungen war. Seine Mojestät verlieh mir für die
Führung der Brigade den Orden Pour le mérite. General v. Emmich
erhielt ihn selbstverständlich als Erster. Er war der verantwortliche
Führer. Auch die Einnahme von Lüttich war eine Tat, bei der nicht
einer allein, sondern eine Reihe von Männern mitgewirkt hat, die sich
in den Ruhm teilen können, die Festung bezwungen zu haben.
Den weiteren Vormarsch in Belgien machte ich in meiner Stellung als
Oberquartiermeister mit. Ich hatte Gelegenheit, alle Fragen der Heeres-
versorgung gründlich kennen zu lernen, deren Beherrschung mir mein späte-
res Amt als Chef sehr erleichterte. Auf den Fahrten durchs Land kam ich
auch nach Andenne und sah ein schauerliches und ergreifendes Bild der
Verheerungen des Franktireurkrieges.
Am 21. August wohnte ich noch dem Sambre-Übergang der 2. Garde-
Div. westlich Namur bei. Die Entwicklung zum Gefecht war ruhig. Es
war erhebend, die schönen, stattlichen Leute des Augusta-Regiments in den
Kampf ziehen zu sehen.
Am 22. August morgens erhielt ich meine Berufung nach dem ÖOsten-