386 Die Schlacht in Flandern und der Zusammenbruch Rußlands
höheren Kommandostellen unterstützt, hatte die 8. Armee, General v. Hutier
mit seinem Generalstabschef General v. Sauberzweig, die Unternehmung
gründlich vorbereitet. Der Übergang gelang. Der Russe hatte den links-
ufrigen Brückenkopf rechtzeitig geräumt und zeigte auch hier, abgesehen
von wenigen Ausnahmen, nur geringe Widerstandskraft. Ich atmete
auf, als der Schlag endlich gefallen war. Die 8. Armee wurde sehr bald
angehalten. Sie begann sofort hinter ihrer vordersten Linie den Stellungs-
ausbau auf der kürzesten Entfernung zwischen der Düna und dem Rigai-
schen Meerbusen. Zwei Divisionen gingen unverzüglich nach dem Westen,
um dort andere für Italien freizumachen, die Ostfront hatte starke Kräfte
dorthin abzugeben. Trotz der Absicht, gegen Italien zu schlagen und trotz
der überaus gespannten Lage im Westen, wo die Kämpfe jeden Augenblick
wieder entbrennen konnten, behielt der Oberbefehlshaber Ost noch einen ge-
wissen Kräfteüberschuß, um Rußland noch weiter in Atem zu halten. Dies
war nur ein schwacher Ersatz für die Operation in die Moldau hinein, aber
immer besser als nichts. Den Vorwurf der Kräftezersplitterung durch eine
nachträgliche Kritik muß ich mir gefallen lassen. Es geht nicht immer alles
nach dem Schema — und ich erreichte das Ziel.
II.
Der Angriff Österreich-Ungarns aus Tirol 1916 hatte, abgesehen von
der geringen Angriffskraft der k. u. k. Truppen, daran gekrankt, daß er für
die Stelle, an der er angesetzt war, mit zu schwachen Kräften geführt wurde,
und die k. u. k. Armee am Isonzo nicht gleichzeitig antrat. Es war
militärisch verführerisch, wieder diesen Gedanken und Möglichkeiten nach-
zugeben; ich mußte aber im September 1917 davon ausgehen, daß die
k. u. k. Armeen augenblicklich stark ermattet seien und Deutschland nur
etwa sechs bis acht Divisionen abgeben könne. Mit diesen Kräften wäre
ein Stoß aus Tirol ein Unding gewesen. Sie konnten nur wirken, wenn
sie eine Stelle trafen, an der der Gegner besonders schwach und eines
Angriffs nicht gewärtig war. Wurde zudem durch Wahl des Orts eine
strategische Auswertung des Angriffs ähnlich wie in Ostgalizien ermög-
licht, so war alles geschehen, was zunächst zu tun war; das Weitere mußte
dann sorgsamer Vorbereitung und wiederum der Waffenentscheidung
überlassen bleiben.
Ein für den Angriff günstiger Frontteil bot sich zwischen Flitsch und
Canale. Das Gelände schien ihm allerdings hier fast unüberwindliche
Schwierigkeiten zu bereiten. Die Verbindungen, die österreichischerseits
zur Angriffsfront führten, waren denkbar schlecht. Aber die Italiener er-
warteten daselbst keinen Angriff und waren nur schwach. Gelang der über-