Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

Der Aufmarsch gegen Italien 397 
  
über einen erheblichen Teil des englischen Heeres errungen. Es war ein 
guter Abschluß des so überaus schweren Ringens im Jahre 1917. Unser 
Kampf hatte wertvolle Anhaltspunkte für eine Angriffsschlacht im Westen 
gebracht, falls wir im Jahre 1918 hierzu kommen sollten. 
Engländer und Franzosen griffen in Frankreich nicht weiter an. Auch 
das zweite strategische Handeln des Jahres 1917 hatte ihnen Mißerfolg ge- 
bracht. Sie mußten sich sogar entschließen, Divisionen nach Italien ihrem 
geschlagenen Bundesgenossen zu Hilfe zu senden. Die Ruhe im Westen, die 
wir in unserer Erschöpfung so dringend nötig hatten, trat endlich ein. 
IV. 
Der Angriff gegen Italien bei Tolmein begann am 24. Oktober. 
Die Flitscher Gruppe unter dem k. u. k. General v. Krauß und die 
deutsche 14. Armee sollten sich in den Besitz des Gebirgsstockes setzen, der 
etwa von Flitsch bis Canale das rechte Isonzoufer begleitet und in dem 
Matajur, 1643 m, südwestlich Karfreit, seine höchste Erhebung hat. Wäh- 
rend alle Divisionen das Gebirge ersteigen sollten, hatte die 12., General 
Lequis, von Tolmein auf Karfreit und um den Matajur herum in Richtung 
Cividale auf der Talstraße vorzustoßen. 
Dem Vorgehen der 14. Armee sollte sich die Heeresgruppe Boroevic 
vom Karst in ostwestlicher Richtung anschließen. 
Der Aufmarsch der 14. Armee war sehr schwierig gewesen. Es standen 
lediglich zwei stellenweise sehr schmale Gebirgsstraßen zur Verfügung, auf 
denen nur Märsche in einer Richtung möglich waren. Auch hier gehörte 
die ganze Sorgsamkeit und das scharfe Denken des deutschen Generalstabs= 
offiziers dazu, daß die Bewegungen sich reibungslos vollzogen und auf die 
Stunde genau beendet waren. Zunächst wurden die Artillerie= und Minen- 
werfer-Verbände und große Munitionsmengen rechtzeitig unter dem 
schwachen Schutz einiger österreichisch-ungarischer Bataillone nach vorn 
geschafft. Die Infanterie-Divisionen wurden erst zuletzt vorgezogen. 
Der Aufmarsch dauerte Tage und wurde dem Jtaliener verraten. Die 
erbitterten feindlichen Angriffe im Westen in der zweiten Oktoberhälfte 
standen bereits in gewissem inneren Zusammenhang mit unseren italie- 
nischen Plänen. Unsere Schwächung im Westen sollte ausgenutzt werden. 
Taktisch scheint Cadorna nichts veranlaßt zu haben. Vielleicht hielt er den 
Angriff für aussichtslos. 
Nach einer Feuervorbereitung von wenigen Stunden durch Artillerie 
und Minenwerfer mit Brisanz= und Gasmunition begann am 24. vor- 
mittags der Aufstieg auf die Berge, während die 12. Inf. Div. mit größter 
Energie im Tal auf und über Karfreit vorstieß. Schon am 25. war die
	        
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