Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

400 Die Schlacht in Flandern und der Zusammenbruch Rußlands 
  
entscheidende Höhenlinie in unserem Besitz, auch der Matajur wurde von 
verschiedenen Seiten genommen. 
Am 27. war bereits weiter im Gebirge gegen den oberen Tagliamento 
Raum gewonnen und Cividale besetzt. Die italienische Nordfront an der 
Kärntner Grenze und die Isonzofront gerieten ins Wanken. Die Heeres- 
gruppe Boroevic drängte leider nicht scharf genug nach, so daß von den 
Italienern mehr entwichen, als fortkommen durften. 
General v. Below erhielt Weisung, während sein rechter Flügel im 
Gebirge blieb, mit seinem linken Flügel über Udine scharf nach Codroipo 
und südlich vorzustoßen, um diesseits des Tagliamento den Feind ent- 
scheidend zu treffen. Am 30. November wurden so noch 60 000 Jtaliener 
östlich des Tagliamento gefangen und am 1. Dezember dieser Fluß auf 
seinem ganzen Laufe Tolmezzo abwärts erreicht. 
Der 30. November war wieder einmal ein guter Tag. In Frankreich 
der Sieg bei Cambrai und in JItalien jener Erfolg. 
Ich hatte schon im November General v. Arz gebeten, die Heeres- 
gruppe Conrad in Tirol aus der Heeresgruppe Boroevic zu verstärken und 
hier einen kräftigen Angriff, sei es Brenta abwärts oder in der Gegend 
Asiago—Arsiero, zu führen. General v. Boroevic war jetzt, nachdem die 
Operation gelungen, zu stark, General v. Conrad zu schwach. General 
v. Arz sagte mir zu. Die Bahnen waren aber zu kläglich, eine namhafte 
Truppenverschiebung konnte nicht erzielt werden. 
Der Tagliamento wurde am 6. überschritten und bereits am 11. De- 
zember der Piave, Il Montello abwärts, erreicht. Weitere Truppen 
drückten im Gebirge gegen Feltre. Demgegenüber wich die italienische 
Armee Piave aufwärts über Belluno eilends aus dem Gebirge zurück. 
Der rechte Flügel der 14. Armee wandte sich nun über Feltre gegen 
die Gebirgsmassive zwischen Brenta und Piave, um sich den Abstieg in 
die Ebene zu erkämpfen, im übrigen gebot dieser Fluß, der Hochwasser 
führte, einen Halt. Jenseits des Piave stand der Italiener wieder in 
größerer Ordnung. Die ersten englischen und französischen Truppen trafen 
bei ihm ein. 
Hier, wie im August in der Bukowina und ÖOstgalizien, mußten die 
Eisenbahnen im Rücken des Heeres erst wieder hergestellt werden, bevor 
an die Fortsetzung der Bewegungen in der Ebene gedacht werden konnte. 
Die Witterung im Gebirge wurde ungünstig, die Kämpfe dort nahmen 
die Truppe stark mit; sie gewann noch Gelände, aber sie vermochte 
nicht mehr den entscheidenden Gebirgsklotz, den Monte Grappa, zu 
nehmen. Die Stoßkraft der am Isonzo begonnenen Offensive hatte 
ihr natürliches Ende erreicht. Neuer Kräftezuschuß hätte sie auch jetzt 
noch eine Strecke weitergeführt; General v. Conrads Truppen besaßen
	        
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