Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

Die Lage auf dem mazedonischen und türkischen Kriegsschauplatz 401 
  
aber nicht die nötigen artilleristischen Mittel und nicht die infanteristische 
Angriffskraft. Seine Vorwärtsbewegung, die am 4. Dezember und 
damit viel zu spät für die große Operation begann, blieb sehr bald stecken. 
Eine deutsche Division, die die Oberste Heeresleitung sehr gern von der 
Westfront her in das Trentino geschoben hätte, konnte im November nicht 
abgegeben werden. Als wir es dann später taten, da traf sie nicht mehr 
rechtzeitig ein. Auch hier waren die Bahnen zu schlecht. 
Anfang Dezember gewann ich nach Rücksprache mit General v. Krafft 
den Eindruck, daß von einer Fortsetzung der Operation über den Piave 
nichts mehr zu erwarten sei. Wir schlugen daher dem General v. Arz vor, 
den Befehl zum Einstellen der Operation zu geben und deutsche Truppen 
zum Abtransport nach dem Westen bereitzustellen. 
Die Operation gegen Italien hatte das erreicht, was von ihr nur er- 
hofft werden konnte. Die italienische Armee war gründlich geschlagen und 
brauchte Stützung durch ihre Bundesgenossen. Die k. u. k. Armee sowie 
die Westfront waren entlastet. Österreich-Ungarn und seine Armee hatten 
neuen Auftrieb erhalten. Da auch Rußland jetzt Waffenstillstand schloß, so 
schien sich die Doppelmonarchie wieder auf weiteren Krieg einzustellen. Die 
Oberste Heeresleitung hörte nichts mehr davon, daß die k. u. k. Armee jetzt, 
d. h. zu Winters Beginn, wie es früher angegeben wurde, ausscheiden müsse. 
Ihre geringe Kampfkraft hatte auch dieser Feldzug von neuem bestätigt. 
Sie hatte die kommende Ruhe für die innere Festigung und Ausbildung 
dringend nötig. Sie fühlte sich durch den Erfolg gehoben. 
Deutsche Führung und deutsche Truppen hatten neuen Ruhm er- 
worben und ihre Überlegenheit im Bewegungskriege wiederum bewiesen. Die 
Kraft war an einigen Stellen durch Erscheinungen vermindert, die im Wesen 
einer jungen Truppe liegen. 
V. 
Auf dem mazedonischen Kriegsschauplatz trat nach der erhöhten Kampf- 
tätigkeit im September wieder größere Ruhe ein, die vorläufig anhalten 
sollte. General v. Scholtz setzte sein Streben, die bulgarischen Truppen 
auszubilden und kampfkräftig zu erhalten, unermüdlich fort. Sämtliche 
deutschen Kommandobehörden in Mazedonien arbeiteten in gleichem Sinne. 
Die bulgarische Oberste Heeresleitung widmete diesen bedeutungsvollen 
Fragen auch fernerhin kaum Interesse. 
Inzwischen hatte die Entente in ihren Bemühungen, die königlich 
griechische Armee in ihren Dienst zu bringen, nicht nachgelassen. König 
Konstantin war entthront, sein Sohn Alexander sein Nachfolger geworden. 
Venizelos regierte. Das griechische Heer war mobilgemacht. Die Bildung 
von kampfkräftigen Truppen ging aber nur langsam vorwärts. 
Kriegverinnerungen 1914—18. 26
	        
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