Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

404 Die Schlacht in Flandern und der Zusammenbruch Rußlands 
  
zuschätzen. Das deutsche Asienkorps traf nach und nach auf der Palästina- 
front ein. Es gab dem Bundesgenossen einen gewissen Halt. 
Von weitgehender Bedeutung war die Niederlage der Türken auf die 
Haltung der Araber, die sich immer mehr England zuwendeten. 
In Mesopotamien dehnte es nach der Besetzung von Bagdad seine 
Herrschaft weiter den Euphrat und Tigris stromaufwärts aus. Im Oktober 
war es im Besitze von Ramadieh—Samara. Im November wurde noch 
mehr Gelände in Richtung Mosul gewonnen. 
An beiden Fronten, in Palästina sowohl wie in Mesopotamien, hatte 
die Kampfkraft der Türken sehr erheblich nachgelassen. Es war ersichtlich, 
daß nur durch einen neuen Kräftezuschuß die Lage dort zu halten war. 
An der russisch-türkischen Front hatte die Kampftätigkeit auch 
ferner vollständig geruht. Enver wollte auf meine Bitte hin aus dieser 
Front die Armee in Mesopotamien verstärken. Ob die Truppen aber 
wirklich abgegangen sind, konnte nicht festgestellt werden. 
VI. 
An der rumänischen Front hielten die Kämpfe noch in den September 
hinein ohne Ergebnis an, um dann endlich abzuflauen. 
An der Ostfront war Ruhe. Östlich Riga nahmen wir Mitte Oktober 
unsere Vortruppen auf die Dauerstellung zurück. An den langen Fronten 
begann allmählich reger Verkehr von Graben zu Graben. Wir versuchten 
weiterhin, das Friedensbedürfnis in der russischen Armee zu stärken. 
Am 11. Oktober lief die Flotte aus Libau zur Unternehmung gegen 
die dem Rigaischen Meerbusen vorgelagerten Inseln aus. Der Stoß zielte 
auf Petersburg und mußte, da recht vielen Menschen das Verständnis für 
Zeit und Raum fehlt, auch dort eindringlich wirken. Es war mir eine 
Genugtuung, daß die Flotte hierdurch Gelegenheit bekam, sich zu betätigen. 
Die lange Ruhezeit hatte Ereignisse gezeitigt, die ein überaus bedenkliches 
Schlaglicht auf die Wühlarbeit der Unabhängigen sozialdemokratischen 
Partei in einzelnen Marineteilen warfen, aber auch auf den Seelenzustand 
des deutschen Volkes und damit auf unsere Kriegsfähigkeit. Was ein 
schwacher Bruchteil des Volkes erstrebte, hatte seinen Niederschlag in der 
Marine gefunden. Die äußeren Umstände, in denen sie lebte, und die 
dauernde Berührung mit der Heimat hatte die Ausbreitung revolutionärer 
Ideen begünstigt. Die zahlreichen Abkommandierungen oft der tüchtigsten 
aktiven Offiziere mittleren Dienstalters und Ingenieure für den U-Boot- 
krieg von den Schiffen der Hochseeflotte waren für die Mannszucht nicht 
vorteilhaft gewesen. Neue kriegerische Beschäftigung mußte die Moral der 
Marine heben und stärken.
	        
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