408 Die Schlacht in Flandern und der Zusammenbruch Rußlands
in mir aufsteigen. Sie erleichterten unsere Kriegslage entscheidend, aber
es blieb doch auch viel Gefahr zurück.
Schon im Laufe des Sommers hatte ich die Waffenstillstandsbedin-
gungen mit Rußland entworfen. Sie gingen von dem Streben aus, zu
einer Verständigung mit diesem zu kommen, die Kriegführung brauchte
den Frieden im Osten.
Der Grundgedanke des Waffenstillstandes war Einstellung der Feind-
seligkeiten in den Linien, die zur Zeit innegehalten wurden. Ich ver-
langte keine Räumung von Gebietsteilen oder Übergabe von Waffen. Die
Bedingungen enthielten nichts, was den Waffenstillstand und den kom-
menden Frieden erschweren konnte. Der Entwurf wurde der Reichs-
regierung und den verbündeten Obersten Heeresleitungen zugestellt und
erhielt zustimmende Antworten. Kleinere Abweichungen änderten hieran
nichts. Mit der Reichsregierung wurde vereinbart, daß die Waffenstill-
standsverhandlungen, wenn sie von Front zu Front geführt würden,
durch die Oberste Heeresleitung unter Hinzuziehung eines Vertreters des
Reichskanzlers zu leiten wären. Dieser sagte zu, in die Friedens-
abordnung auch einen solchen der Obersten Heeresleitung aufzunehmen,
der naturgemäß unter, nicht neben dem Bevollmächtigten des Reichs-
kanzlers stand.
Ich war mit allen Vorbereitungen fertig für den Fall, daß Rußland
mit Waffenstillstandsanträgen an uns herantreten würde. Im November
war die bolschewistische Zersetzung des russischen Heeres so weit vorge-
schritten, daß die Oberste Heeresleitung ernstlich daran denken konnte, die
Ostfront zu schwächen und die Truppen im Westen zu verstärken. Wir
hatten damals etwa 80 Divisionen im Osten, ein Drittel unserer gesamten
Macht. Ich mutete nun auch den österreichisch-ungarischen Truppen auf
immer weiteren Fronten das Halten von Stellungen zu. Mit dem k. u. k.
Oberkommando und dem Oberbefehlshaber Ost wurden die näheren Einzel-
heiten über das Freimachen möglichst zahlreicher deutscher Truppen an
der siebenbürgischen, der Bukowina= und ostgalizischen Front besprochen.
General v. Arz erklärte sich auch damit einverstanden, k. u. k. Truppen aus
Italien nach dem Osten zu fahren. Selbstverständlich waren das Maß-
nahmen, die weit in die Zukunft gingen. Sie mußten aber jetzt schon ein-
geleitet werden, damit die Transporte bei den schlechten Eisenbahnverhält-
nissen und der gespannten Verkehrslage im besetzten Gebiet und in der
Heimat im kommenden Frühjahr, der für uns entscheidenden Zeit, beendet
wären. Die Verhältnisse in Rußland ließen allzu durchgreifende Ent-
schlüsse indes noch nicht zu.
Von Ende November an rollten unablässig Truppenzüge von Ost nach
West. Es handelte sich nicht mehr um einen Austausch im Westen abge-