434 Die Vorbereitungen für den Angriff im Westen 1918
günstig waren wie im Kampf um den Wytjtschaete-Bogen oder um die
Laffaux-Ecke, hatten wir Gelände eingebüßt und sehr schwere Verluste ge-
habt. Diese waren von so bedeutender Höhe, wie sie unsere gut geführten
Angriffe nicht aufwiesen. Die gewaltigen Kampfmittel des Feindes hatten
dem Angriff ein erhebliches übergewicht über unsere Abwehr gegeben. Diese
Tatsache mußte um so mehr in Erscheinung treten, je milizartiger unsere
Infanterie, je größer ihr Abgang an den Tüchtigsten durch Tod und Ver-
wundung wurde und je fühlbarer die Mannszucht nachließ.
Es war auch zu erwarten, daß der Feind aus den vergangenen
Kämpfen seine Lehren ziehen würde, indem er seine Angriffe auf breiten
Fronten, ähnlich wie in der Doppelschlacht an der Aisne und in der Cham-
pagne im April/ Mai 1917, ansetzen und den Erfolg in der Überraschung
suchen würde. Überwältigender Masseneinsatz von Kriegemitteln befähigte
ihn dazu. Diese Angriffe mußten noch viel größere Anforderungen an
uns stellen als die bisherigen.
Die Truppe hatte das dauernde Ausharren in der Verteidigung un-
gemein schwer ertragen. Es gab bereits viele Drückeberger. Sie fanden sich
wieder ein, sobald der Kampf beendet war. Es war zur Regel geworden,
daß Divisionen, die mit verzweiflungsvoll geringen Kräften aus der Schlacht
kamen, nach wenigen Tagen an Kopfzahl wieder sehr erheblich günstiger
standen. Die Truppe zeigte unter der Wucht der feindlichen Kriegsmittel
nicht mehr die alte Widerstandsfähigkeit in der Verteidigung. Sie dachte
mit Schaudern an neue bevorstehende Abwehrkämpfe und sehnte sich nach
dem Bewegungskrieg. Hierin hatten deutsche Truppen in Rumänien, Ost-
galizien, Italien und auch in der Schlacht bei Cambrai Glänzendes geleistet
und ihre Überlegenheit über den Feind von neuem dargetan, wenn auch
ihre Leistungsfähigkeit nicht mehr so anhaltend war wie 1914. Auch waren
Erscheinungen aufgetreten, nach denen das Gefüge nicht mehr so stark er-
schien wie zu Beginn des Krieges. Wie die Abwehr die Truppen bedrückte,
so hob der Angriff ihren Geist. Auch im Interesse des Heeres lag der An-
griff; in der Abwehr mußte es nach und nach der immer stärker werdenden
feindlichen übermacht an Menschen und Kriegsmitteln erliegen. Das fühlte
es selbst. Im Westen wünschte es den Angriff und erwartete ihn nach
dem Niederbruch Rußlands in tiefer seelischer Erleichterung. Ich gebe hier-
mit die Stimmung, die über Angriff und Verteidigung in der Truppe
herrschte, wieder. Es sprach hieraus der klare, ihr sich mit zwingender
Gewalt aufdrängende Gedanke, daß nur ein Angriff den Krieg beendigen
könne. Viele und die bedeutendsten Generale sprachen in gleichem Sinne.
Selbstverständlich habe ich mich durch solche Stimmungen nicht treiben
lassen, dazu war mein Verantwortlichkeitsgefühl viel zu groß. Bei mir
allein lag der entscheidende Vorschlag, dessen bin ich mir stets bewußt ge-