4538 Die Vorbereitungen für den Angriff im Westen 1918
den Vereinbarungen in Kreuznach näherte; zweifellos geriet er hiermit in
einen gewissen Widerspruch mit dem Grafen Czernin. Dieser drohte, um
den Staatssekretär v. Kühlmann zu stützen, ganz unverständlicher Weise
mit einem Separatfrieden Österreich-Ungarns. In den gesamten Verhand-
lungen zeigte es sich als hinderlich, daß nicht vorher Vereinbarungen zwischen
den verbündeten Mächten getroffen waren.
Aus den Reden der bolschewistischen Vertreter Rußlands ergab sich
von vornherein, daß es der Entente daran lag, die Verhandlungen in die
Länge gezogen zu sehen und daß die Bolschewisten selbst noch immer auf die
Entente hofften, um zur Weltrevolution zu kommen. Sie strebten danach, die
Verhandlungen in Brest zu einem großen Propagandafeldzug ihrer Ideen
auszugestalten. Dies war für unsere inneren Verhältnisse um so gefährlicher,
als der zerstörende Einfluß des Bolschewismus in sozialer Beziehung nur von
wenigen durchschaut wurde. Verkannt und unterschätzt wurde er vor allem
von den Mehrheitsparteien des Reichstages. Sie sahen in dem, was von den
bolschewistischen Vertretern Rußlands in Brest vorgetragen wurde, nur
eine Bestätigung ihrer eigenen idealen pazifizistischen Ansichten und den
Beginn der Weltverbrüderung. Ich stand auf einem ganz anderen Boden.
Mir wurde es klar daß der Bolschewismus mit und ohne Unterstützung der
Entente für uns ein ungemein gefährlicher Feind bliebe, den fernzuhalten
uns militärische Kraft kosten mußte, auch wenn der Frieden zustande kam.
Ende Dezember trennten sich die Abordnungen, ohne besondere Ver-
einbarungen getroffen zu haben, und fuhren in ihre Heimat zurück, um nach
Ablauf jener 14 Tage, Anfang. Januar, wieder in Brest zusammenzu-
kommen.
Der Generalfeldmarschall und ich begaben uns Anfang Januar gleich-
falls nach Berlin, um mit dem Staatssekretär v. Kühlmann zu sprechen
und ihn zu schnellerem Verhandeln zu drängen. Ich wollte auch General
Hoffmann sehen, der ebenfalls in Berlin anwesend war.
Am 2. Januar fand eine Beratung bei Seiner Majestät statt. Ich
wies darauf hin, daß in Rücksicht auf einen Schlag im Westen ein baldiger
Frieden im Osten erforderlich sei; nur wenm dieser in greifbare Nähe ge-
rückt wäre, könne der Abtransport, wie nötig, erfolgen. Aus militärischen
Gründen müsse jedem Verschleppungsversuch entgegengetreten werden.
Wir wären stark genug, ihn zu verhindern. Besondere Weisungen erhielt
Staatssekretär v. Kühlmann nach dieser Richtung hin jedoch nicht.
Darauf wurde wieder einmal der polnische Grenzstreifen behandelt.
Graf Czernin hatte seine Anwesenheit in Brest benutzt, um von Staats-
sekretär v. Kühlmann eine Verschmälerung des Grenzstreifens gegen den
Beschluß vom 18. Dezember zu erreichen. Dieser muß wohl hierauf ein-
gegangen sein und hatte auch die Zustimmung des Generals Hoffmann