Besprechung bei Seiner Majestät 439
gefunden, der daraufhin zum Vortrag zu Seiner Moajestät dem Kaiser be-
fohlen war. Unter Berufung auf General Hoffmann schloß sich Seine
Majestät der Ansicht des Staatssekretärs v. Kühlmann an. Der Kaiser
hatte naturgemäß die Entscheidung. Die Begründung schmerzte mich indes:
ich hatte geglaubt, daß der Generalfeldmarschall und ich die verantwortlichen
militärischen Berater Seiner Majestät wären, auch sah ich in der starken
Verschmälerung eine Gefahr für die Provinzen Ost= und Westpreußen. Ich
hielt es für meine Pflicht, nochmals meinen Standpunkt zu betonen, und
gewann dabei das Gefühl, daß ich das Miffallen des Kaisers erregt habe.
Am 4. Januar besprach ich mit General v. Lyncker mein Verhältnis
zum Kaiser. Aus den Vorgängen müsse ich entnehmen, daß Seine Moajestät
mir nicht mehr das Vertrauen schenke, das ich zur Führung meines so
überaus schweren Amtes beanspruchen müsse. Ich stelle mich Seiner
Majestät für eine andere Verwendung zur Verfügung. General v. Lyncker
riet mir, die Angelegenheit mit dem Generalfeldmarschall zu erörtern, der
am 3. nach Kreuznach zurückgekehrt war. Ich ging darauf ein und sprach
am 5. mit diesem. Er bat mich, meine Gedanken aufzugeben, er wolle selbst
die Regelung der Angelegenheit in die Hand nehmen, womit ich mich ein-
verstanden erklärte.
Von den Tatsachen wurde, sehr zu meinem Bedauern, etwas in Berlin
bekannt und mit den Brester Verhandlungen in unmittelbaren Zusammen-
hang gebracht. Das war aber nicht zutreffend. Ebenso wie später bei
meinem Abschiedsgesuch 1918 lag hier eine persönliche Stellungnahme
Seiner Majestät gegen mich vor, die, von meinem Kaiser und Obersten
Kriegsherrn ausgehend, für mich unerträglich und mit meinem Selhbst-
gefühl unvereinbar war.
Zu meinem Bedauern hatte der 2. Januar auch eine Trübung meines
Verhältnisses zu General Hoffmann gebracht. Wir haben uns aber später
ausgesprochen.
Im Anschluß an diese Vorgänge unterbreitete der Generalfeldmarschall
Seiner Majestät unter dem 7. Januar eine Denkschrift. Er hob die Ver-
antwortlichkeit hervor, die sowohl er selbst wie auch ich dafür hätten, daß
das Ergebnis des Friedens das deutsche Volk so kräftige und ihm so gute
Grenzen gäbe, daß unsere Gegner nicht so bald einen neuen Krieg zu ent-
fesseln wagten. Die Erreichung dieses Zieles wäre durch das Abweichen
des Staatssekretärs v. Kühlmann von den Weisungen Seiner Maajestät
vom 18. Dezember, allerdings auch durch die Allerhöchste Entscheidung in
der polnischen Grenzfrage vom 2. Januar, in Frage gestellt.
Auch auf die Vorgänge in der Sitzung am 2. Januar und auf die
schwierige Lage, in die der Generalfeldmarschall wie ich gegenüber Seiner
Majestät gekommen waren, kam die Denkschrift zurück. Sie schloß: