444 Die Vorbereitungen für den Angriff im Westen 1918
Staat anerkannten Bolschewistenregierung gefallen ließen! Sie und ihre
Völker konnten hieraus nur eine ungemeine Stärkung ihrer Entschlußkraft
gewinnen. Wie nötig mußte Deutschland den Frieden haben, wenn es
hinter solchen Leuten buchstäblich herlief und ihre offen gegen uns und
unser Heer gerichtete Propaganda duldete! Im ganzen neutralen und
feindlichen Ausland mußte solche Auffassung platzgreifen. Wie sollten die
Ententeführer, gar ein Clemenceau und Lloyd George, noch vor einem
Frieden bangen, wenn wir uns so von wehrlosen, anarchistischen Russen
behandeln ließen? Jede Sorge mußte dort weichen, daß sie uns
gegenüber überhaupt noch ein Risiko liefen. Wie das auf die Frie-
denswilligkeit solcher Gegner zurückwirken mußte, darüber war ein
Zweifel nicht möglich.
Auch der Soldat am Feinde verstand dieses wochenlange Hin= und
Herreden ohne erkennbaren praktischen Zweck und greifbaren Erfolg nicht.
Was er mit Aufbietung seiner äußersten Kraft, unter tausend Entbehrun-
gen und Todesgefahr erreicht hatte, wollte er naturgemäß auch kraftvoll und
zielsicher ausgewertet sehen. Und hier handelte es sich um den ersten Frieden,
auf dessen Ergebnis die Front nicht weniger gespannt sah als die Heimat.
Wir mußten endlich zu entscheidenden Schritten kommen; nur sie konnten
wieder Klarheit schaffen, bei uns und auch draußen.
Inzwischen war auch ersichtlich geworden, daß Trotzki nicht für
ganz Rußland sprach, geschweige denn für Rumänien. Abordnungen der
Ukraine trafen um den 12. Januar in Brest ein, die sich in vollen Gegen-
satz zu der bolschewistischen Abordnung stellten. Sie wurden vornehmlich
durch General Hoffmann gestützt und gaben den Vertretern des Vierbundes-
Gelegenheit, Sonderverhandlungen anzuknüpfen. Diese bewegten sich auf
praktischem Boden und verloren sich nicht in das Gebiet phantastischer Zu-
kunftspläne, zu deren Verwirklichung Jahrhunderte gehören, falls sie über-
haupt möglich sind.
Am 30. Januar begannen die Verhandlungen mit Trotzki in Brest
von neuem. Es ergab sich nun das eigenartige Bild, daß sich alles nach ihm
richtete.
Die Diplomaten schienen aber jetzt selbst einzusehen, daß die Be-
sprechungen mit ihm zu keinem Ergebnis führten. Staatssekretär v. Kühl-
mann und Graf Czernin unterbrachen nun ihrerseits die Verhandlungen
und waren bereits am 4. Februar wieder in Berlin. Mit der Ukraine wurden
die Beratungen auf der Grundlage fortgesetzt, daß sie sich verpflichtete, Ge-
treide in großen Mengen an Österreich-Ungarn und Deutschland zu liefern,
wogegen sie nach Polen zu, in dem zwischen beiden Ländern strittigen Chol-
mer Gebiet, eine günstige Abgrenzung erhalten sollte. Österreich-Ungarn
versprach zudem, ein ukrainisches Kronland in Ostgalizien zu schaffen.