Die Lage an der Ostfront 459
Auch dieser Friedensschluß wurde in Deutschland als Gewaltfrieden
verschrien, so sehr gehorchte das Denken des Volkes der feindlichen Propa-
ganda, so wenig vermochte unsere Regierung zu leiten.
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Die Lage an der Ostfront war durch den Friedensschluß von Brest-
Litowsk vom 3. März und den Vorfrieden von Buftea vom 5. März ge-
waltig entspannt. Ein wirklicher Frieden mit Rußland war indes nicht ein-
getreten. Es blieb damit die Gefahr bestehen, daß sich eine neue Ostfront
bildete, was Entente und Bolschewismus zunächst im stillschweigenden Ein-
verständnis miteinander anstrebten. Erst als die Sowjet-Regierung merkte,
daß die Entente ihr ans Leben ging und eine andere Herrschaft ans Ruder
bringen wollte, von der sie mehr für den Krieg erwartete, wandte sie
sich von der Entente ab und Deutschland zu, um sich im Innern zu
kräftigen und Deutschland vorläufig nicht mehr mit Waffen, sondern
allein durch Propaganda zu treffen.
In Rumänien war der Ententeeinfluß nicht vollständig gebrochen. Die
Lage war auch dort unklar. «
Durch das Zugreifen gegenüber Rußland um Mitte Februar und das
sich daran anschließende energische Auftreten sowie das rücksichtslose Ab-
fahren der Truppen von Ost nach West waren trotz der schleppenden Ver-
handlungen keine in die Augen fallenden Nachteile für die Kriegführung
entstanden. Die rumänischen Divisionen gehörten allerdings früher an die
Westfront; der Angriff dort blieb aber möglich. Mehr als 40 Dioisionen
kamen nach dem Westen. Sie hatten vorher ihre älteren Jahrgänge gegen
jüngere ausgetauscht. Die zurückbleibenden Divisionen erhielten verminderte
Stärken und gaben später die jüngeren Mannschaften als Ersatz ebenfalls
an das Westheer ab. Das, was im Osten verblieb, war gewiß noch immer
viel. Wir hatten eben nur einen stark bewaffneten Frieden erlangt. Viele
Gefahrsmomente waren dort noch vorhanden. Die Oberste Heeresleitung
schwächte im Laufe des Frühjahres und Sommers die Truppen im Osten
nach Festigung der Verhältnisse weiter. Oft ging an den Oberbefehlshaber
Ost die Frage, ob noch mehr abgegeben werden könnte. Was sich frei-
machen ließ, wurde fortgezogen. Die Oberste Heeresleitung wußte, daß sie
für den Westen erhielt, was irgendwie zu entbehren war. Aber die un-
endlichen Räume des Ostens, die mit deutschen Maßen nicht zu messen sind,
brauchten gewisse Truppenmengen, wenn wir unsere Aufgaben so lösen
wollten, wie es Kriegs= und Kriegswirtschaftslage bedingten.
Die vier deutschen Divisionen, die insonderheit in Rumänien belassen
wurden, und die zwei k. u. k. Divisionen waren das wenigste, was dort
verbleiben mußte. Selbst diesen vier deutschen Divisionen wurden noch