Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

Die Große Schlacht in Frankreich 483 
  
Unsere Taktik hatte sich in ihren Grundzügen bewährt. Die Erschei- 
nungen bei der 17. Armee bedingten keine entscheidende Anderung. Aus 
einzelnen Lehren mußten nur schärfere Folgerungen gezogen werden. Vor 
allem war die Infanterie noch weiter zu lockern. Das Überwinden von 
Maschinengewehrnestern hatte an vielen Stellen Schwierigkeiten über Ge- 
bühr verursacht und unseren Angriff aufgehalten. Die Selbständigkeit der 
Infanteriegruppe hatte häufig versagt, ebensosehr ihr Zusammenhandeln 
mit den Begleitwaffen. Besonders schwer war es der Truppe geworden, 
nach Abschluß des Angriffs sich wieder zur Abwehr zu gliedern, nament- 
lich auch zu erkennen, wann seine Weiterführung keinen Erfolg mehr 
zeitigen konnte. Alle Truppen, besonders die berittenen, hatten durch 
Bombenabwürfe feindlicher Flieger stark gelitten. 
Über die strategische Lage in der neuen Stellung war noch kein ab- 
schließendes Urteil zu geben, an und für sich war sie keineswegs günstig. 
Wie sich die Oberste Heeresleitung später damit abfand, war jetzt noch nicht 
zu übersehen, wo wir am Beginn der Operationen standen. Der Avre- 
Brückenkopf war taktisch besonders schwierig. Sein Aufgeben wurde er- 
örtert. Da aber der Feind daraus den Verzicht auf die Weiterführung des 
Angriffs gegen Amiens erkannt hätte, wurde er beibehalten. 
Die neue Front war nun zu festigen. Die abgekämpften Divi- 
sionen wurden zum Teil durch frische aus ruhigen Stellungen ersetzt, die 
weniger mitgenommenen vorn belassen. Dem Ausbau der rückwärtigen 
Verbindungen wurde überall die größte Beachtung und Sorgfalt ge- 
schenkt. Für die große Handlung kam es aber im wesentlichen darauf an, 
Truppen, die an der neuen Front nicht mehr nötig waren, zur Erholung, 
Ausbildung und Festigung der Mannszucht zurückzuführen. Wir hatten 
Reserven für weiteres Handeln und zur Abwehr etwaiger feindlicher 
Gegenangriffe zu gewinnen; diese konnten jedoch jetzt nur rein örtlichen 
Charakter tragen. 
Für die Truppen der 2. Armee machte es sich besonders fühlbar, daß 
sie am Westrande des Sommeschlachtfeldes steckengeblieben waren. Sie 
fanden wirkliche Erholung nur östlich unserer Ausgangsstellung, obschon 
auf dem durchschrittenen Gelände zahlreiche englische Barackenlager un- 
versehrt in unsere Hand gefallen waren. 
Unsere Verluste waren nicht unerheblich, wir hatten lange mit starken 
Massen gekämpft. Der Prozentsatz bei der 17. Armee war zu hoch, der Ab- 
gang an Offizieren durchweg schwer. Wir hatten aber neben reicher Beute- 
rund 90 000 unverwundete Gefangene gemacht, außerdem war der blutige 
Ausfall des Feindes groß. Die Rückkehr vieler Leichtverwundeten konnte 
bei uns in absehbarer Zeit erwartet werden. Wir waren Angreifer ge- 
wesen und hatten doch, auch was die Verluste betraf, günstig abgeschnitten. 
31“
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.