Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

Verbreiterung der Angriffsfront 487 
  
  
  
für jeden Kampf in der Lys-Ebene von ausschlaggebender Bedeutung sein, 
wenn das Höhengelände in unserer Hand war. 
Trotz außerordentlichen Artillerie- und Munitionseinsatzes hatte der 
Angriff der 17. Armee beiderseits der Scarpe keinen Erfolg; sie focht unter 
keinem glücklichen Stern. Nur General Lequis mit seiner 12. Inf. Div. kam 
südlich des Baches gut voran; es war für das Ganze aber ohne Bedeutung. 
Anscheinend hatte die Artilleriewirkung nicht genügt. Die Oberste 
Heeresleitung gab nun auch den Angriff des Südflügels der 6. Armee 
auf. Sie beschloß dagegen, den Stoß in der Lys-Ebene zwischen 
Armentières und La Bassée zu führen, ähnlich wie ihn die Heeres- 
gruppe Kronprinz Rupprecht seinerzeit als Hauptoperation vorgeschlagen 
hatte. Die Witterung war trocken gewesen, und der Engländer hatte sich 
in der Lys-Ebene und auch vor BYpern außerordentlich geschwächt. 
Der Angriff wurde von der 6. Armee ungemein sorgfältig vorbereitet. 
General v. Quast und sein Chef, Oberstleutnant Lenz, waren unermüdlich 
tätig und hatten alles in entsprechender Weise vorgesehen wie beim Angriff 
am 21. März. Trotz geringer Arbeitskräfte war er so weit vorgeschritten, 
daß schon der 9. April für die Ausführung in Aussicht genommen wurde. 
Ich begrüßte dies. Je früher der Angriff stattfand, desto wahrscheinlicher 
war ein Überraschungserfolg gegen die in der Lys-Ebene stehenden 
Portugiesen. 
Ich selbst war noch am 7. beim Generalkommando 55 der 6. Armee 
und gewann den Eindruck, daß der Zeitpunkt innegehalten werden konnte. 
Zur Nachprüfung der artilleristischen Vorarbeiten war Oberst Bruchmüller 
zur 6. Armee gesandt. Er hatte bereits im Osten am 19. Juli 1917 die 
Artillerieverwendung für den Durchbruch in Ostgalizien geregelt und war 
für den Märzangriff Artilleriegeneral bei der 18. Armee. Sein großes 
Wissen und Können, seine Hingebung an den Beruf und an seine Waffe, 
sein warmes Soldatenblut machten ihn zu einem der hervorragendsten Sol- 
daten dieses Krieges. Seine Ratschläge hatten schon für den Angriff am 
21. März als Grundlage für die Artillerieverwendung gedient. Die Ar- 
tillerie der 18. Armee war ganz von seinem Geiste durchdrungen. Dies hatte 
der Armee, zumal sie auch noch die schwächste feindliche Stelle traf, zu ihrem 
schönen Erfolg verholfen. Bei der 17. Armee, die allerdings den stärksten 
Feind vor sich hatte, wurde zwar nach gleichen Grundsätzen gearbeitet, aber 
die unmittelbare elektrisierende Kraft, die von Oberst Bruchmüller ausging, 
fehlte. Die ausschlaggebende Bedeutung der Persönlichkeit für den Gang 
der Geschehnisse im Kriege, wie auch sonst im Leben, tritt hier klar zutage. 
Wie mit dem Feinde, so mußte die Oberste Heeresleitung auch immer 
wieder mit der Eigenart der Menschen rechnen, die mit ihr in gleicher 
Hingabe demselben Ziele zustrebten.
	        
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