500 Der Angriff im Westen 1918
dient war, wußte jeder, der das Geschäftsverfahren der Türken kannte.
Wir traten hiermit in einen Gegensatz zu den Zielen der Türkei.
Bei den Verhandlungen in Batum hatten sich die Vertreter der
georgischen Republik an General v. Lossow gewandt und den Schutz des
Deutschen Reiches erbeten. Wir hatten in den Jahren 1915 und 1916
mit georgischen Freischaren in Armenien gearbeitet, allerdings ohne Er—
folg. Dabei waren wir in gewisse Fühlung mit einflußreichen Georgiern
getreten. Ich konnte diese Beziehungen und jetzt die Bitte Georgiens um
Schutz des Deutschen Reiches aus militärischen Gründen nur begrüßen.
Sie boten uns ein Mittel, unabhängig von der Türkei an die Rohstoffe des
Kaukasus zu kommen und Einfluß auf den Betrieb der Eisenbahn über
Tiflis zu gewinnen. Sie war für die Kriegführung in Nordpersien von
ausschlaggebender Bedeutung und in deutsch beeinflußtem Betriebe
leistungsfähiger als unter türkischer Mitwirkung. Endlich mußten wir ver—
suchen, uns durch Aufstellung von georgischen Truppen zu stärken; sie
waren gegen England zu gebrauchen. Auch war nicht zu übersehen, welche
Schwierigkeiten uns noch aus der nördlich des Kaukasus im Kubangebiet
befindlichen Freiwilligen-Armee des Generals Alexejew erwachsen würden.
Ich befürwortete deshalb beim Reichskanzler eine Berücksichtigung der
Wünsche Georgiens.
Die Regierung war aus anderen Gründen für eine gewisse georgische
Politik. Sie befürchtete Schwierigkeiten, die aus der Haltung der Türkei
dem bolschewistischen Rußland gegenüber entstehen könnten. Der Reichs-
kanzler beurteilte die Gewaltmaßregeln der Türkei gegen die christlichen
Armenier sehr abfällig. Sie waren auch ein schwerer Fehler und durch
nichts zu rechtfertigen. Die Regierung wies die georgischen Unterhändler,
die mit General v. Lossow im Juni nach Berlin kamen, nicht ohne
weiteres ab.
In der Ukraine hatten die deutschen Truppen nach der Einnahme von
Kiew am 1. März ihre Vorwärtsbewegung verlangsamt. Odessa war am
12. März nach leichtem Kampf gefallen. Deutsche Truppen, die nach dem
Vorfriedensschluß mit Rumänien am 7. März durch die Moldau anmar-
schiert waren, hatten dabei mitgewirkt. Es kam für die Oberste Heeres-
leitung in der Folge darauf an, die Ziele festzuhalten, die den Einmarsch in
die Ukraine veranlaßt hatten, und nur so weit zu gehen, als dieser Zweck
es erforderlich machte.
Die Ukraine hatte uns gerufen. Wir, noch mehr Österreich und die
k. u. k. Armee, brauchten ukrainisches Getreide; das Land durfte daher
nicht dem Bolschewismus verfallen und ihm neue Kraft zuführen. Wir
mußten es so stärken, daß es uns nutzen konnte.
Das Hauptgetreidegebiet hatten wir nach der Einnahme von Charkom