Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

Die Bedeutung der Ukraine 503 
Es wurde auch mit der Bildung neuer ukrainischer Formationen begonnen. 
Dies erforderte naturgemäß Zeit und brachte der Kriegführung noch keine 
unmittelbare Entlastung. Die deutschen Truppen, die in der Ukraine waren, 
wurden von der Heeresgruppe dringend für den Schutz gegen die Bolsche- 
wisten und die Sicherstellung der wirtschaftlichen Ausnutzung des Landes 
gebraucht. Sie klagte, so oft wir sie schwächen wollten, sie wäre nicht stark 
genug. 
Das Reichswirtschaftsamt verfolgte in der Ukraine eine den Ereignissen 
vorgreifende Friedenspolitik; dagegen war nichts zu sagen, wenn eine eng- 
begrenzte Kriegswirtschaftspolitik, um die ich bat, zu ihrem Recht kam. 
Österreich-Ungarn hatte in seiner Not scharf eingegriffen, und wenn es auch 
lange nicht das erhalten hat, was von Graf Czernin Anfang Februar als 
notwendig bezeichnet wurde, so haben die aus der Ukraine bezogenen Ver- 
pflegungsmittel, in Verbindung mit unserer Aushilfe, Österreich und die 
k. u. k. Armee wenigstens vor dem Verhungern gerettet. Damit war nur 
das Dringendste geleistet. Wir erhielten für unser Land an Brotgetreide 
und Futtermitteln aber nicht das, dessen wir so überaus nötig zur Belebung 
der gesunkenen Kräfte der Heimat bedurften. Immerhin hat die Ukraine 
auch Deutschland geholfen. Sie hat uns im Sommer 1918 Fleisch geliefert. 
Unsere so knappe Fleischernährung wurde dadurch ermöglicht. Wir 
brauchten nicht noch tiefer in unsere eigenen Viehbestände und in die der 
besetzten Gebiete einzugreifen. Das Heer erhielt Pferde in großen 
Mengen. Ohne sie wäre jede Kriegführung ausgeschlossen gewesen. 
Hätte Deutschland diese Pferde aufbringen müssen, so wäre die heimische 
Landwirtschaft wiederum schwer getroffen worden. Auch Rohstoffe aller 
Art bekamen wir aus der Ukraine. 
Die Hoffnung, daß wir in dem Getreide der Ukraine ein wirtschaft- 
liches Machtmittel in die Hand bekämen, das unsere Lage den Neutralen 
gegenüber verbessern und uns weitere wirtschaftliche Erleichterungen ver- 
schaffen würde, die für unsere Kriegsfähigkeit so wichtig waren, mußte bald 
begraben werden. 
In militärpolitischer Beziehung hatten wir durch die Besetzung der 
Ukraine die Macht der Sowijetregierung erheblich geschwächt. Wir kamen 
auch in Verbindung mit vielen völkischen Strömungen Großrußlands und 
den Donkasaken, die wir zur Bekämpfung des Bolschewismus hätten aus- 
nutzen können, wenn die Regierung damit einverstanden gewesen wäre. 
An der Front des Oberbefehlshabers ÖOst gegen Großrußland vom 
Pripjet bis zum Finnischen Meerbusen hatten sich die Verhältnisse seit dem 
3. März nicht geändert. 
Finnland hatte sich erhoben. Es brauchte dringend unmittelbare Hilfe. 
Waffenlieferung allein genügte nicht. Die Sowjetregierung machte keine
	        
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