Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

Revolutionäre und bolschewistische Beeinflussung 519 
  
  
voll kämpften? Lag nicht der Gedanke viel näher, daß sie alle nur an die 
Erhaltung ihres Lebens dachten? War nicht anzunehmen, daß jene Ein- 
drücke auf weniger gefestigte Charaktere verderblich einwirken würden, 
namentlich in Stunden der Not, wo menschliche Schwächen sich hervor- 
drängten? Mußte dies alles nicht auch in die Heimat zurückschallen? 
Zu alledem kroch immer deutlicher, von der Unabhängigen Sozial- 
demokratie nur zu gern aufsgenommen und verbreitet, der Bolschewismus 
heran, der sich inzwischen in Berlin offiziell einrichten durfte. Wir hatten 
davor gewarnt, Joffe nach Berlin kommen zu lassen und, angeregt durch 
den Oberbefehlshaber Ost, vorgeschlagen, in irgendeiner Stadt des besetzten 
Gebiets mit ihm weiter zu verhandeln. Wie der Bolschewismus arbeitete, 
wurde von uns sehr bald richtig erkannt. Ungezählte Warnungen wurden 
ausgesprochen. Der stellvertretende Generalstab gab den verantwortlichen 
Stellen in Berlin reiches Material über die Tätigkeit der Bolschewisten in 
Deutschland. Die weitere Verfolgung war leider nicht mehr seine Sache. 
Auch das Oberkommando in den Marken und ich haben immer von neuem 
den Reichskanzler, das Kriegsministerium, das Auswärtige Amt und 
ebenso das Reichsamt des Innern auf das revolutionäre Treiben der russi- 
schen Botschaft in Berlin mit ihrem überaus zahlreichen Personal und ihre 
Verbindung mit der Unabhängigen Sozialdemokratie sowie auf die revo- 
lutionäre Tätigkeit derselben aufmerksam gemacht. Es war nichts zu er- 
reichen. Als ich wieder einmal das Auswärtige Amt auf das Arbeiten des 
Herrn Joffe und auf die Gefährlichkeit seines Aufenthalts in Berlin hin- 
wies, wurde mir geantwortet, er wäre besser in Berlin aufgehoben als 
anderswo. Man hätte ihn hier unter Augen. Leider waren diese Augen 
aber blind. Herr Joffe konnte, während der Bolschewismus sich offiziell 
Deutschland willfährig zeigte, die Kampffähigkeit des deutschen Volkes er- 
schüttern, wie es der Entente allein trotz Blockade und Propaganda nie 
möglich gewesen wäre. 
Er stellte zu diesem Zweck auch den Umsturzelementen in unserer 
Heimat reiche Mittel zur Verfügung. Der ganze Umfang seiner revolutio- 
nären Tätigkeit wurde naturgemäß erst später offensichtlich. In Magde- 
burg bekundete der Führer der Unabhängigen Sozialdemokratie, Vater: 
„Seit dem 25. Januar 1918 haben wir den Umsturz systematisch vor- 
bereitet. Wir haben unsere Leute, die zur Front gingen, zur Fahnenflucht 
veranlaßt. Die Fahnenflüchtigen haben wir organisiert, mit falschen Pa- 
pieren ausgestattet, mit Geld und unterschriftslosen Flugblättern versehen. 
Wir haben diese Leute nach allen Himmelsrichtungen, hauptsächlich wieder 
an die Front geschickt, damit sie die Frontsoldaten bearbeiten und die 
Front zermürben sollten. Diese haben die Soldaten bestimmt, überzulaufen, 
und so hat sich der Zerfall allmählich, aber sicher vollzogen.“
	        
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