Die Ersatzfrage. — Bündnisaussichten 525
Oberst v. Haeften zu sich. In längerer Beratung wurden die ersten Grund-
lagen für eine solche Propaganda festgelegt. Insonderheit zeigte der Vize-
kanzler v. Payer reges Interesse für diese Fragen. Bei der Verhandlung
in Spaa bat ich den Reichskanzler wiederum, einen Propagandaminister
zu schaffen. Wir sprachen im übrigen nicht über Kriegs= und Friedens-
aussichten. Nach den Reden Clemenceaus waren wir meines Erachtens
gezwungen, den Krieg weiterzuführen oder uns zu demütigen. Ich muß
annehmen, daß die verantwortlichen Staatsmänner ebenso dachten; über
den Ernst meiner Auffassung, auch wenn ich immer auf Erfolg hoffte,
konnten sie nicht im unklaren sein.
Oberst v. Haeften hatte ganz in meinem Sinne im Mai und
Juni im Auswärtigen Amt eine entgegenkommende Erklärung über
Belgien angeregt. Staatssekretär v. Kühlmann hatte aber jede Initiative
in dieser Frage abgelehnt. Er fühlte wohl das Unvermögen, mit den feind-
lichen Regierungen in einen Gedankenaustausch zu treten. Dem gab er
auch öffentlich Ausdruck.
Am 24. Juni führte er im Reichstage aus, nachdem er sich auf den
Boden einer friedensfreundlichen Erklärung des Herrn Asquith vom
16. Mai gestellt hatte:
„So lange jede Eröffnung von dem anderen als Friedensoffensive, als
Falle, als falsche Unternehmung, um zwischen den Verbündeten Zwietracht
zu säen, aufgefaßt wird, so lange jeder Annäherungsversuch von den Geg-
nern einer Annäherung sofort auf das heftigste denunziert wird, so lange
ist es nicht abzusehen, wie irgendwie ein Gedankenaustausch eingeleitet
werden kann, der zum Frieden führen soll."
Der Reichskanzler nahm in seiner Rede vom 12. Juli den gleichen
Standpunkt ein. Er betonte unsere dauernde Friedensbereitschaft, so lange
aber der Vernichtungswille des Feindes bestehe, müßten wir ausharren:
zeigten sich beim Feinde ernsthafte Regungen für die Anbahnung des
Friedens, so würden wir sofort darauf eingehen.
„Ich kann Ihnen auch sagen, daß dieser Standpunkt nicht etwa nur
mein Standpunkt ist, sondern daß dieser Standpunkt auch von der Obersten
Heeresleitung ausdrücklich geteilt wird, denn auch sie führt den Krieg nicht
um des Krieges willen, sondern hat mir gesagt: Sobald ein ernster Frie-
denswille sich auf der anderen Seite bemerkbar macht, müssen wir der
Sache nachgehen.“ .
Der Reichskanzler hatte die Ansicht des Generalfeldmarschalls und die
meine richtig wiedergegeben.
Wenn ich jetzt, zurückschauend, an die Möglichkeit und Aussicht eines
von der Regierung unternommenen Friedensschrittes denke, so steht für
mich fest, daß wir Waffenstillstand und Frieden nur zu den Bedingungen