Die österreichisch-ungarische Armee 47
nationaler Egoismus ist verständlich, er hat in jedem Volke zu leben. Es
gibt aber ethische Gesetze, die nicht verletzt werden dürfen. Dies hat Italien
getan. Es muß sich gefallen lassen, daß wir sein Verhalten während der
vier Kriegsjahre abfällig beurteilen.
Die schwierige Lage der österreichisch-ungarischen Armee Ende August
einer sehr starken russischen überlegenheit gegenüber war nicht zu ver-
kennen. Der Chef des k. u. k. Generalstabes, General v. Conrad,
forderte von seinem Standpunkt mit Recht unseren Vormarsch über den
Narew. Bei der im Vergleich mit Rennenkampfs Kräften immer noch
schwachen 8. Armee war dies nicht ausführbar. Ein Vormarsch in der
Richtung Mlawa—Pultusk konnte jederzeit durch einen Vormarsch
Rennenkampfs gegen die Linie Allenstein—Elbing zum Stehen gebracht
werden. Es blieb nichts anderes übrig, als zunächst mit der russischen
Njemen-Armee abzurechnen.
Rennenkampf hatte wohl unter dem Eindruck der Schlacht von
Tannenberg seine Vortruppen einige Kilometer zurückgenommen, er schien
aber doch zwischen Pregel und Mauer-See stehen bleiben zu wollen. Die
8. Armee mußte eine zweite Schlacht schlagen und dazu alle Kräfte zu-
sammenfassen. .
In Ausführung dieser Absicht wurden die Verstärkungen aus dem
Westen bei Allenstein—Elbing ausgeladen und die bisherige 8. Armee
in der Linie Willenberg—Allenstein zum Vormarsch bereitgestellt.
Bei Soldau blieben zum Grenzschutz nur schwache Kräfte; sie sollten
in Richtung Mlawa nach Polen hinein vorrücken.
Nach beendetem Aufmarsch wollten wir Rennenkampfs breite Front
zwischen dem Pregel und dem Mauer-See angreifen und seinen linken
Flügel über Lötzen und weiter südlich umfassen. Unserem äußersten Süd-
flügel siel dabei die Sicherung der Armee gegen Augustow und Ossow#zjetz
zu, wo feindliche Truppenausladungen erwartet wurden. Die zur Zeit
vereinigte 8. Armee sollte dadurch in drei Gruppen zwischen Pregel und
Mauer-See, östlich Lötzen und in Richtung Lyck kämpfen.
Anfang September standen vormarschbereit:
Kriegsbesatzungen der Weichselfestungen bei Soldau,
Ldw. Div. v. der Goltz bei Neidenburg,
3. Res. Div und I. A. K. bei Willenberg, Ortelsburg, 1. Kav. Brig. west-
lich Johannisburg,
XVII. A. K. Passenheim,
XX., XI. A. K. und I. R. K. in und zu beiden Seiten von Allen-
stein,
Garde-R. K. schloß gegen die untere Passarge von Elbing her auf,
8. Kav. Div. war in Richtung Lötzen im Vormarsch,