544 Der Angriff im Westen 1918
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gewannen. Der Feind hatte nach Truppenmeldungen schwere blutige Ver-
luste. Naturgemäß war auch bei uns die Beanspruchung der Kräfte sehr
groß. Die Zuführung von frischen Divisionen war, wie auch bei den
früheren Abwehrschlachten, unablässig nötig.
Die Räumung des Geländes ging, dank der vortrefflichen Organi-
sation der Heeresgruppe Deutscher Kronprinz und der 7. und 1. Armee,
glatt vor sich. Die zweite Eisenbahnkurve war fertig geworden und er-
leichterte die Arbeiten sehr wesentlich.
In der Nacht vom 1./2. August wurde die Front hinter die Vesle
zurückverlegt, an der Truppen in einer notdürftig eingerichteten Stellung
zur Aufnahme bereit standen. Der Feind folgte dicht auf und drängte
scharf gegen die Vesle vor. Er wurde überall abgewiesen.
Die bewegliche Abwehrschlacht zwischen Marne und Vesle war
beendet.
Die Schlacht war eine Glanzleistung der beteiligten Führer und
Truppen. Der Schatten, den der 18. Juli geworfen hatte, war wieder
verwischt. Der deutsche Soldat hatte sich trotz seiner großen Beanspruchung
nach diesem Tage geschlagen und fühlte sich dem Feinde überlegen. Bei
einigen Divisionen waren allerdings wenig erfreuliche. Erscheinungen
zutage getreten. Ich erhielt unter anderem später ein Schriftstück zu-
gesandt, das auf den Geist einer dieser Divisionen ein überaus ernstes
Schlaglicht warf; ich gab es an die 7. Armee zur Untersuchung weiter.
Wie in jeder Schlacht, so waren auch in den Kämpfen seit dem
15. Juli die Verluste recht erheblich gewesen. Namentlich hatten uns der
18. und die daran anschließenden Abwehrkämpfe viel gekostet, obwohl wir
aus diesen unsere Verwundeten zurückbekamen und keine nennenswerte
Zahl an Gefangenen mehr verloren. Die Abgänge durch den Kampf
waren so große gewesen, daß wir uns entschließen mußten, etwa
zehn Divisionen aufzulösen und ihre Infanterie anderen zur Ersatz-
gestellung zuzuweisen. Die übrigen Waffen wurden im wesentlichen ge-
schlossen beibehalten.
Die aus der Schlacht gezogenen Divisionen und sonstigen Truppen
wurden hinter der ganzen Westfront verteilt. Es begann hiermit von
Ende Juli ab eine ganz außerordentlich starke Eisenbahnbewegung, die
sich Anfang August noch erheblich steigerte und sich von da ab kaum mehr
vermindern sollte. Die Truppen, die stark mitgenommen waren, sollten
sich ergänzen, ausruhen und von neuem festigen.
Es war mir nicht gelungen, über den feindlichen Kräfteausfall seit
dem 15. Juli im einzelnen Klarheit zu gewinnen. Er muß aber bei der
Massentaktik der Entente hoch gewesen und hinter unseren Verlusten keines-
wegs zurückgeblieben sein. Auch die Entente-Armeen hatten gelitten; die