Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

Der Rückzug hinter die Vesle 545 
Schlacht hat dem Feinde ebensoviel gekostet wie uns. Frankreich hatte auf- 
fällig viel Senegalneger und auch Marokkaner eingesetzt und seine eigenen 
Landeskinder zu schonen versucht. Die sechs amerikanischen Divisionen, die 
in der Schlacht eingesetzt waren, hatten besonders schwer gelitten, ohne Er- 
folge davonzutragen. Es scheint eine Division zu ihrer Ergänzung auf- 
gelöst worden zu sein. Trotz der Kampffreudigkeit der einzelnen Ameri- 
kaner ging der geringe Gefechtswert der amerikanischen Truppen daraus 
hervor, daß zwei tapfere deutsche Divisionen, denen ich bisher nur einen 
Durchschnittswert beigemessen hatte, die 201. Inf. Div. und 4. Ersatz-Div., 
den Hauptstoß sehr überlegener amerikanischer Kräfte während mehrerer 
Wochen aushielten. « 
Auch der Abgang bei den englischen und italienischen Divisionen 
war hoch. 
Inzwischen hatte sich die Heeresgruppe Rupprecht auf Abwehr ein- 
gestellt, indem sie für den Angriff bestimmte Dioisionen einsetzte und lange 
in Stellung befindliche ablöste. Ihre Bataillone hatten leidliche Stärken. 
Viele Divisionen hatten seit April nicht mehr gefochten. Auch die 18. Armee 
und der rechte Flügel der 9. waren gestärkt. Die 18. Armee hatte vorher 
noch im Arvres-Brückenkopf nicht glücklich gekämpft. Eine dort auf breiter 
Front stehende Division war gegen den Fluß zurückgedrückt worden. 
Der Versuch, die Völker der Entente durch deutsche Siege vor An- 
kunft der amerikanischen Verstärkungen friedenswillig zu machen, war ge- 
scheitert. Die Schwungkraft des Heeres hatte nicht ausgereicht, den Feind 
entscheidend zu treffen, bevor der Amerikaner mit bedeutenden Kräften 
zur Stelle war. Ich war mir klar bewußt, daß dadurch unsere Gesamt- 
lage sehr ernst geworden war. 
Anfang August standen wir auf der ganzen Front in Abwehr, wir 
hatten den Angriff eingestellt. Wenn die an den letzten Kämpfen beteiligten 
Divisionen wieder aufgefrischt waren, konnten neue Entschließungen gefaßt 
werden. Eine Pause in den Operationen bot nichts Bemerkenswertes, sie 
war auch nach Abbruch der großen Angriffe vom 21. März und 27. Mai 
eingetreten. Die Kämpfe seit dem 15. Juli hatten uns nicht weniger ge- 
kostet als jene Angriffe. Der Wunsch nach Ruhe war jetzt wie früher be- 
gründet. Ob der Feind sie uns lassen würde, blieb zweifelhaft. 
Ich rechnete mit der Fortsetzung der feindlichen Angriffe entweder 
gegen die Vesle, gegen die der Feind sich immer schärfer heranschob, oder 
mit ihrer Ausdehnung auf das Gelände zwischen Aisne und Oise, vor der 
der Feind in Besorgnis vor einem deutschen Angriff stark stand. Ich hielt 
ferner Vorstöße zwischen Oise und Somme für möglich, vielleicht auch gegen 
unsere Stellungen bei Albert und in der Lys-Ebene, endlich im Sundgau. 
Ich nahm aber an, daß es sich nur um einzelne Teilangriffe handeln würde, 
Kriegserinnerungen 1914—18. 35 
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.