550 Der Endkampf Sommer und Herbst 1918
der 18. Armee in der Nacht zum 10. hatten sich die Verhältnisse zwischen
Somme und Oise für uns gebessert. Auch waren Reserven eingetroffen,
die die Front der 2. Armee festigten.
Am 10. und 11. wurde südlich Albert und zwischen Somme und Avre
um unsere Stellungen zwar erbittert, doch erfolgreich gekämpft, während
der Feind zwischen Avre und Oise scharf nachdrängte und hier heftig
anfaßte.
Die nächsten Tage zeitigten an der ganzen Schlachtfront örtliche
Kämpfe. Unsere Truppen standen wieder fest, aber die 2. Armee blieb
innerlich brüchig, während die 18. Armee voll abwehrkräftig war.
Der Kräfteverbrauch bei der 2. Armee war sehr groß gewesen. Ihre
Reserven waren bei ihrem Einsatz ebenfalls stark beansprucht. Von einigen
Divisionen hatte die Infanterie aus den Kraftwagen heraus, die dazu ge-
hörige Artillerie an anderer Stelle eingesetzt werden müssen. Die Ver-
bände waren stark durcheinander gekommen. Es war vorauszusehen, daß
eine Reihe weiterer Divisionen nötig wurde, um die 2. Armee zu stärken,
selbst wenn der Feind noch weiter angreifen sollte, worauf wir aber nicht
rechnen konnten. Unsere Verluste waren durch den Abgang an Gefangenen
außerdem derartige gewesen, daß die Oberste Heeresleitung wieder vor der
Notwendigkeit stand, weitere Divisionen zur Ersatzgestellung aufzulösen.
Unsere Reserven verminderten sich. Demgegenüber hatte der Feind nur
einen ungemein geringen Kräfteverbrauch gehabt. Das Stärkeverhältnis
hatte sich zu unseren Ungunsten erheblich verschlechtert. Es mußte um so
ungünstiger werden, je mehr amerikanische Truppen eintrafen. Eine Hoff-
nung, durch einen Angriff unsere Lage grundlegend zu verbessern, gab es
nicht. Es galt also nur noch hinzuhalten. Auf Fortsetzung der feindlichen
Angriffe mußten wir jetzt unbedingt gefaßt sein. Der Erfolg war dem Feind
zu leicht geworden. Seine Funksprüche jubilierten und erzählten mit Recht,
daß der Geist der deutschen Armee nicht mehr der alte sei. Der Feind
hatte auch viel für ihn unendlich wertvolles Aktenmaterial in Besitz ge-
nommen. Die Entente mußte klaren Einblick in unsere schwierigen Ersatz-
verhältnisse gewonnen haben, ein Grund mehr für sie, mit Angriffen un-
ermüdlich fortzufahren.
Der auf das Schlachtfeld entsandte Generalstabsoffizier hatte mir den
Zustand der von dem Angriff am 8. an erster Stelle getroffenen Divisionen
derart geschildert, daß ich tief betroffen war. Ich ließ mir Divisionskom-
mandeure und Offiziere aus der Front nach Avesnes kommen, um mit
ihnen die näheren Ereignisse zu besprechen. Ich hörte von Taten glänzen=
der Tapferkeit, aber auch von Handlungen, die ich, ich muß es offen aus-
sprechen, in der deutschen Armee nicht für möglich gehalten habe: wie sich
unsere Mannschaften einzelnen Reitern, geschlossene Abteilungen Tanks er-