Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

550 Der Endkampf Sommer und Herbst 1918 
  
der 18. Armee in der Nacht zum 10. hatten sich die Verhältnisse zwischen 
Somme und Oise für uns gebessert. Auch waren Reserven eingetroffen, 
die die Front der 2. Armee festigten. 
Am 10. und 11. wurde südlich Albert und zwischen Somme und Avre 
um unsere Stellungen zwar erbittert, doch erfolgreich gekämpft, während 
der Feind zwischen Avre und Oise scharf nachdrängte und hier heftig 
anfaßte. 
Die nächsten Tage zeitigten an der ganzen Schlachtfront örtliche 
Kämpfe. Unsere Truppen standen wieder fest, aber die 2. Armee blieb 
innerlich brüchig, während die 18. Armee voll abwehrkräftig war. 
Der Kräfteverbrauch bei der 2. Armee war sehr groß gewesen. Ihre 
Reserven waren bei ihrem Einsatz ebenfalls stark beansprucht. Von einigen 
Divisionen hatte die Infanterie aus den Kraftwagen heraus, die dazu ge- 
hörige Artillerie an anderer Stelle eingesetzt werden müssen. Die Ver- 
bände waren stark durcheinander gekommen. Es war vorauszusehen, daß 
eine Reihe weiterer Divisionen nötig wurde, um die 2. Armee zu stärken, 
selbst wenn der Feind noch weiter angreifen sollte, worauf wir aber nicht 
rechnen konnten. Unsere Verluste waren durch den Abgang an Gefangenen 
außerdem derartige gewesen, daß die Oberste Heeresleitung wieder vor der 
Notwendigkeit stand, weitere Divisionen zur Ersatzgestellung aufzulösen. 
Unsere Reserven verminderten sich. Demgegenüber hatte der Feind nur 
einen ungemein geringen Kräfteverbrauch gehabt. Das Stärkeverhältnis 
hatte sich zu unseren Ungunsten erheblich verschlechtert. Es mußte um so 
ungünstiger werden, je mehr amerikanische Truppen eintrafen. Eine Hoff- 
nung, durch einen Angriff unsere Lage grundlegend zu verbessern, gab es 
nicht. Es galt also nur noch hinzuhalten. Auf Fortsetzung der feindlichen 
Angriffe mußten wir jetzt unbedingt gefaßt sein. Der Erfolg war dem Feind 
zu leicht geworden. Seine Funksprüche jubilierten und erzählten mit Recht, 
daß der Geist der deutschen Armee nicht mehr der alte sei. Der Feind 
hatte auch viel für ihn unendlich wertvolles Aktenmaterial in Besitz ge- 
nommen. Die Entente mußte klaren Einblick in unsere schwierigen Ersatz- 
verhältnisse gewonnen haben, ein Grund mehr für sie, mit Angriffen un- 
ermüdlich fortzufahren. 
Der auf das Schlachtfeld entsandte Generalstabsoffizier hatte mir den 
Zustand der von dem Angriff am 8. an erster Stelle getroffenen Divisionen 
derart geschildert, daß ich tief betroffen war. Ich ließ mir Divisionskom- 
mandeure und Offiziere aus der Front nach Avesnes kommen, um mit 
ihnen die näheren Ereignisse zu besprechen. Ich hörte von Taten glänzen= 
der Tapferkeit, aber auch von Handlungen, die ich, ich muß es offen aus- 
sprechen, in der deutschen Armee nicht für möglich gehalten habe: wie sich 
unsere Mannschaften einzelnen Reitern, geschlossene Abteilungen Tanks er-
	        
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