552 Der Endkampf Sommer und Herbst 1918
Tagen ganz besonderes Vertrauen. Ich war tief bewegt, blieb aber doch
besorgt, ob Seine Moajestät auch die Gesamtlage richtig erkenne. Ich bin
beruhigt worden. Der Kaiser sagte mir später, er habe nach dem Scheitern
der Offensive im Juli und dem 8. August gewußt, daß der Krieg nicht mehr
gewonnen werden könne.
Der Heeresbericht vom 8. abends lautete etwa kurz dahin, daß der
Feind südlich der Somme bei uns in breiter Front eingebrochen wäre.
Am nächsten Morgen rief mich sofort General v. Cramon aus Baden an.
Er teilte mir mit, daß meine Meldung große Beunruhigung in Wien her-
vorgerufen habe. Ich konnte ihm über den Ernst meiner Auffassung keinen
Zweifel lassen. Trotzdem bat er mich zu bedenken, wie nachteilig das scharfe
Aussprechen eines Mißerfolges auf unsere Verbündeten wirken müsse, die
nur in Deutschland ihren Halt sähen. Dies wiederholte sich am 2. Sep-
tember.
Der Eindruck der Mißerfolge an der Westfront bei den Verbündeten
war stark. Kaiser Karl sprach die Absicht aus, Mitte August nach Spaa
zu kommen.
Von der Haltung Bulgariens war nichts zu erwarten. Dort war das
Kabinett Radoslawow schon unter dem Druck der Lage an der Westfront
und infolge des Bukarester Friedens sowie aus persönlichen Ursachen
durch Malinow abgelöst worden. Er war kein Freund des Bündnisses.
Die von ihm gewählten Minister waren zum Teil dessen ausgesprochene
Gegner und Ententefreunde. Während Malinow entfernt wurde, blieben
sie später im Amt, als die Entente Bulgarien besetzte. Der Reichs-
kanzler mußte die Haltung des Ministeriums Malinow übersehen und beim
Zaren darauf hinwirken, daß es nicht in dieser Zusammensetzung gebildet
würde. Das Auftreten einzelner Bulgaren in der Schweiz gab überdies
zu denken. Auch das wurde von uns zugelassen. Es ließ sich nicht ver-
kennen, daß Bulgarien zum Frieden drängte. Auffallend war auch, daß
der bulgarische Militärbevollmächtigte, General Gantschew, sich nur noch
überaus selten im Großen Hauptquartier sehen ließ.
Sobald ich vollen Einblick in alle Verhältnisse hatte, die der 8. August
gebracht, beschloß ich, so früh als möglich die Aussprachen mit dem Reichs-
kanzler und dem Staatssekretär des Auswärtigen Amtes herbeizuführen.
Sie fanden bereits am 13. und 14. August in Spaa statt.
Am 13. war eine Unterredung zwischen dem Reichskanzler, dem
Generalfeldmarschall, Staatssekretär v. Hintze und mir im Hotel Bri-
tannique im Zimmer des Generalfeldmarschalls. Ich gab ein Bild über die
Kriegslage, den Zustand des Heeres und die Verhältnisse bei unseren Ver-
bündeten und erklärte, daß es uns nicht mehr möglich sei, den Feind durch
Angriff friedenswillig zu machen. Durch Verteidigung allein wäre dies