Ersatzschwierigkeiten 565
Österreich-Ungarn konnte noch die eine oder die andere Division für
die Westfront abgeben.
Das alles war kein zahlenmäßiger, geschweige denn seelischer Kraft-
ausgleich im Westen gegenüber der wachsenden Stärke und steigenden
Siegeszuversicht des Feindes. Es war ganz klar, daß im deutschen Heere
die betrübenden Erscheinungen nicht abnehmen, sondern sich bei den
dauernden Rückzügen und unter dem zersetzenden Einfluß der Heimat
noch steigern würden.
Es wurde der Obersten Heeresleitung sehr schwer, den Heeresgruppen
Kronprinz Rupprecht und v. Boehn neue Kräfte zuzuführen. Ich würde es
leichter gehabt haben, wenn die Oberste Heeresleitung schon Ende Juli
von der 7. Armee und nun von den Kampfarmeen, namentlich von der 2.,
abgekämpfte oder zerschlagene Divisionen rücksichtsloser aus der Front ge-
führt hätte.
Bei dem Ernst unserer Lage versprach sich die Oberste Heeresleitung
von einem Bombenabwurf auf London und Paris nicht mehr die
Wirkung, den Feind friedenswillig zu machen. Sie gab deshalb nicht
mehr die Erlaubnis, eine besonders wirkungsvolle Brandbombe, die im
August in erforderlichen Mengen fertig und für den Abwurf auf die
beiden Hauptstädte bestimmt war, zu gebrauchen. Die zu erwartenden
großen Zerstörungen hätten auf den Gesamtverlauf des Krieges keinen
Einfluß mehr gehabt; Zerstörungen als Selbstzweck wurden nie geduldet.
Auch Graf Hertling hatte die Oberste Heeresleitung gebeten, diese neuen
Brandbomben im Hinblick auf die gegen unsere Städte zu erwartenden
feindlichen Gegenmaßregeln nicht zu gebrauchen. Maßgebend für jenen
Entschluß blieben jedoch meine auf der Kriegslage beruhenden Er-
wägungen.
Den Abwurf anderer Bomben auf London und Paris behielt ich noch
bei, damit die feindlichen Abwehrmittel fern der Front gefesselt blieben und
nicht die Truppe die Abnahme unserer Kraft merkte. Ich drängte aber
nicht mehr. Paris wurde noch wenige Male schwach beworfen. London
war wegen der Witterung in dieser Zeit nicht erreichbar.
Geist und Stimmung im Heer und in der Heimat beschäftigten mich
dauernd in höchstem Maße. Als uns der Kriegsminister im August in
Avesnes besuchte, hatte ich ihm Offiziere aus der Front zugeführt, die
ihn endlich von dem schlechten Einfluß der Heimat auf die Mannszucht
überzeugen sollten. Er wie auch die anderen führenden Männer des
Kriegsministeriums sträubten sich stets gegen diese Erkenntnis, jedenfalls
gegen die volle Bedeutung dieser Tatsache. Auch dieser Besuch fruchtete
nichts, trotz meiner dringenden Einsprache auf den Minister.
Im Innern kamen unsere Versuche, Propaganda zu treiben und unser