Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

578 Der Endkampf Sommer und Herbst 1918 
  
  
Sie konnten auch hier nur die türkische Armee eine Zeitlang aufrecht 
halten. 
Der Engländer gewann schnell längs der Eisenbahn nach Damaskus 
und der Küste nach Norden zu Gelände. Konstantinopel war damit gewiß 
noch nicht bedroht, aber die Widerstandskraft der Türkei doch stark in 
Mitleidenschaft gezogen. Bei der treuen Gesinnung von Enver und Talaat 
wäre auch das nicht ausschlaggebend für die Stellung der Türkei der En- 
tente gegenüber gewesen. Diese bekam aber in Syrien erhebliche Kräfte frei 
und war infolge des Zusammenbruchs Bulgariens jederzeit in der Lage, 
über die Maritza auf Konstantinopel vorzumarschieren. Hier standen nur 
schwache türkische Truppen. Den Schutz hatte bisher die bulgarische Armee 
an der Struma übernommen. Gewiß waren noch Verstärkungen aus dem 
Kaukasus, vielleicht aus der Ukraine heranzubringen; wir hatten uns aber 
auf dem Schwarzen Meer auf große Truppentransporte nicht einrichten 
können, dazu war der Schiffspark zu gering gewesen. Die Transporte 
begannen auch sofort. Einige Bataillone wurden aus der Ukraine nach 
Konstantinopel befördert. Entscheidendes war aber nicht mehr zu erreichen. 
Der Fall Konstantinopels mußte kommen, ob im November oder im De- 
zember, das war für die große Lage gleich. Es war zu übersehen, daß 
dann über das Schwarze Meer hinweg die Flotte der Entente die Verbin- 
dung mit Rumänien aufnehmen und durch Bulgarien Truppen an die 
Donau kommen würden. Wir konnten nicht damit rechnen, Rumänien 
neutral zu halten. Früher oder später stand sein feindliches Auftreten in 
sicherer Aussicht. 
Daß die Entente versuchen würde, Serbien zu befreien sowie Ungarn, 
und damit die Doppelmonarchie, von dorther anzugreifen, um ihr den 
Todesstoß zu geben, war selbstverständlich. Unsere Front auf dem Balkan 
war ins Wanken geraten; es war die Frage, ob es uns gelingen würde, 
sie in Serbien und Bulgarien, spätestens an der Donau, neu zu bilden. 
Die Lage in Sofia war anfangs nicht genau zu übersehen. Wir konnten 
noch nicht wissen, ob tatsächlich das ganze bulgarische Heer demoralisiert 
sei. Das serbische Heer hatte jahrelang außerhalb seines Landes gefochten 
und damit ein glänzendes Beispiel schöner Vaterlandsliebe gegeben. Das 
hätten die Bulgaren auch tun können. Von Altbulgarien war zudem noch 
kein Fußbreit Landes besetzt. 
Schied das bulgarische Heer aus, so mußten Deutschland und Öster- 
reich-Ungarn erst recht Kräfte nach dem Balkan fahren. 
In unserer Lage mußte alles geschehen, um unsere Stellung auf der 
Balkanhalbinsel zu festigen und dadurch einen Stoß der Entente nach Un- 
garn hinein, in die Flanke Deutschlands und Österreichs zu verwehren. 
Wir fuhren eine deutsche Division aus Sebastopol durch Bulgarien und
	        
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