590 Der Endkampf Sommer und Herbst 1918
merk gemacht, daß dabei nur an die Anbahnung eines ehrenvollen Friedens
gedacht war. «
Am 4. Oktober kehrte der Generalfeldmarschall nach Spaa zurück. Am
5. wurde die erste Note an Wilson abgesandt.
Auf die Abfassung der Note und den Gang der politischen Handlung
hat die Oberste Heeresleitung keinen weiteren Einfluß gehabt. Ich hielt die
Worte nicht für fest genug und schlug eine männlichere Sprache vor, fand
aber keine Beachtung. Die Tatsache, daß wir uns auf den Boden der
14 Punkte Wilsons stellten, mußte leider für uns selbstverständlich sein.
Sie näherten sich der in Deutschland aufgekommenen sozialistisch-demokra-
tischen Weltanschauung und entsprachen der Zahl nach den 14 Punkten
der österreichisch-ungarischen Note an Serbien Ende Juli 1914.
In einem Telegramm vom 2. Oktober betonte ich, „daß die 14 Punkte
der Wilsonschen Note als Grundlage für die Friedensbesprechungen dienen,
nicht aber als vom Feind auferlegte Bedingungen gelten sollen“. Der Ge-
neralfeldmarschall hatte sich in Berlin auf den gleichen Standpunkt gestellt,
damit aber kein Verständnis bei den anwesenden Staatssekretären gefun-
den. Nur der Vizekanzler v. Payer pflichtete dem Generalfeldmarschall bei.
Später wurde mir folgende Auslegung gegeben: sämtliche Staatssekretäre
seien der Ansicht, daß zwar die elsaß-lothringische und polnische Frage
nunmehr internationale Fragen geworden wären, daß aber darin die
Abtretung Elsaß-Lothringens und großer östlicher Gebietsteile nicht ohne
weiteres läge.
Zur Bearbeitung der Waffenstillstandsfragen wurde eine Kommission
nach Spaa zusammenberufen. Ihren Vorsitz führte General v. Gündell,
vom Reichskanzler war Staatssekretär v. Hintze abgeordnet. Im übrigen
gehörten zu ihr General v. Winterfeldt, Major Brinckmann und
Kapitän z. S. Vanselow. ·
Durch Aufklärung des Heeres wurde versucht, die schwächende Wir-
kung des Waffenstillstands= und Friedensangebotes auszugleichen.
Ich habe nach dem 29. September mit vielen Chefs über das Angebot
gesprochen. Die Herren, die die Gesamtlage übersahen, hielten es für richtig,
die in ruhigen Verhältnissen stehenden vermochten die Notwendigkeit nicht
zu erkennen. Ich habe die Genugtuung gehabt, daß das Vertrauen zu mir
damals nicht gelitten hat.
VII.
In seiner ersten großen Reichstagsrede am 5. Oktober über die Not-
wendigkeit des Weiterkämpfens im Falle unannehmbarer Bedingungen,
vertrat Prinz Max den gleichen Standpunkt, wie ihn der Generalfeldmar-
schall und ich einnahmen.