Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

Die erste Note an Wilson 50 
  
  
  
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Prinz Max sagte: „Wir sind starken Herzens und voll zuversichtlichen 
Glaubens an unsere Kraft entschlossen, für unsere Ehre und für die Frei- 
heit, sowie für das Glück unserer Nachkommen auch noch schwerere Opfer 
zu bringen, wenn es unabänderlich ist“, und 
„Wie das Ergebnis des Friedensangebots auch ausfallen möge, ich 
weiß, daß es Deutschland fest entschlossen und einig finden wird sowohl zu 
einem redlichen Frieden, als auch zu einem Endkampf um Leben und Tod, 
zu dem unser Volk, wenn es dazu gezwungen wäre, bereit ist. Kein Zagen 
befällt mich bei dem Gedanken, daß dieses zweite Ergebnis eintreten könnte, 
denn ich kenne den Geist der gewaltigen Kräfte, die auch jetzt noch in un- 
serem Volke vorhanden sind, und ich weiß, daß die unwiderlegliche Über- 
zeugung, daß jeder für unser Leben kämpft, diese Kräfte verdoppeln würde.“ 
Der Reichstagspräsident sprach sich in gleichem Sinne aus: 
„Ebenso wie jeder einzelne Soldat an der Front, ist auch jeder 
Deutsche daheim bereit, für sein Vaterland, wenn es gefordert werden sollte, 
jedes Opfer zu bringen." 
Das waren schöne erhebende Worte, die in mir die Ülberzeugung 
festigten, daß zwischen Reichskanzler, Reichstag und Oberster Heeresleitung 
volle Übereinstimmung über ein Weiterkämpfen für den äußersten Fall 
herrschte. Aber beim Reichskanzler und dem Reichstage fehlte die Über- 
zeugung, daß schon — seit 1914 — jeder Deutsche für sein Leben kämpfe, 
und dieser Daseinskampf jedes Opfer von uns allen fordere. Das leben- 
dige Bewußtsein hierfür war unter den tausendfältigen Schlagworten, mit 
denen unsere Volksseele von innen und außen vergiftet war, verloren ge- 
gangen. Erst im Mai 1919, nach Bekanntgabe der unerhörten Friedens- 
bedingungen, brach diese Erkenntnis im Volk und in der Nationalver= 
sammlung durch. Wieder sprach derselbe Präsident schöne, ergreifende 
Worte, sie verlangten Tatkraft scheinbar vom Augenblick; der offizielle 
Draht wagte sie gar nicht weiterzugeben. Aber auch diesmal blieben die 
Worte nur Worte. Der Fall war eingetreten, in dem sie das Vaterland 
aufrufen wollten. 
Ich ging in jenen Tagen stetig meinen schweren Weg weiter. Als 
mir später, nach dem Eingang der zweiten Wilson-Note, vollständig klar 
wurde, daß Wilson nicht durchdrang oder durchdringen wollte, sondern 
Clemenceau und Lloyd George die stärkeren waren, daß wir zu Sklaven 
werden sollten, da hieß es für mich allerdings, die Gedanken an den 
Weiterkampf wirklich zu einer Tat umzusetzen und sich nicht mit hohlen 
Worten zu begnügen. Ich erwartete von dem Prinzen Max und seiner 
Regierung ein Einlösen ihrer Beteuerungen, nachdem sie und Deutschland 
erkannt hatten, daß es am Grabe seiner Hoffnung auf einen Verständi- 
gungsfrieden stand.
	        
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