Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

Das Ergebnis der Schlacht 53 
  
  
dem Kraftwagen nehmen und Offiziere des Stabes entsenden. Die Herren 
des freiwilligen Automobilkorps haben als Fahrer ganz Hervorragendes 
geleistet. Sie führten Fahrten aus, die an die verwegensten Patrouillen— 
ritte erinnern. Die wenigen Flieger brauchte ich dringend zur Aufklärung, 
zum Überbringen der Meldungen konnte ich sie nicht benutzen. Trotz der 
Spärlichkeit der Nachrichtenmittel gelang es doch, stets orientiert zu sein 
und die Befehle des Armee-Oberkommandos rechtzeitig durchzubringen. 
Ich sprach auch viel selbst am Fernsprecher, spornte an, wo es zweckmäßig 
schien, und griff ein, wo es für das Gelingen des Ganzen unerläßlich war. 
Dieser persönliche Verkehr mit den Chefs war nützlich, er bot Gelegenheit, 
unmittelbar zu hören und einzuwirken. 
Wir hatten eine Reihe neuer Quartiere. In Nordenburg kamen wir 
das erstemal in einen Ort, der längere Zeit im Besitz der Russen gewesen 
war. Die Verschmutzung dort war unglaublich. Der Markt lag voll von 
Unrat. Die Stuben waren widerlich verunreinigt. 
In Insterburg wohnten wir im Dessauer Hof, in dem gleichen Quar- 
tier, das Rennenkampf vorher verlassen hatte. Auch der Großfürst Nikolai 
Nikolajewitsch soll erst sehr spät aus der Stadt abgefahren sein. 
Wir hatten Gelegenheit, die russischen Stellungen eingehender zu be- 
sichtigen. Uns alle überkam tiefes Dankgefühl, daß wir sie nicht hatten zu 
stürmen brauchen. Es hätte uns viel Blut gekostet. 
Viele russische Truppen sind im August und September in Östpreußen 
musterhaft vorgegangen. Weinkeller und Vorräte wurden bewacht. Ren- 
nenkampf hielt strenge Zucht in Insterburg. Der Krieg brachte aber doch 
unendliche Härten und große Schrecken. Die Kosaken waren grausam und 
roh, sie brannten und plünderten. Es wurden viele Bewohner getötet und 
Ausschreitungen am Weibe begangen, die Bevölkerung zum Teil ver- 
schleppt. Das war größtenteils widersinnig. Man fragte sich vergeblich 
nach der Begründung. Den Russen wurde von der Bevölkerung nicht der 
geringste Widerstand entgegengesetzt. Sie war fügsam und hat sich, wie es 
auch unseren Ansichten entsprach, nicht an dem Kampf beteiligt. Hier trifft 
den Russen die Verantwortung für seine Untaten. 
Die russische Armee hatte auf Ostpreußen schwer gelastet. Jetzt war 
es das stolze Gefühl, deutsches Land vom Feinde befreit zu haben. Der 
Jubel und die Dankbarkeit der Bevölkerung waren groß. Das Land ist 
nicht errettet worden, damit es unter fremdes Joch kommt. Vor solcher 
Schmach bewahre uns der Himmel. 
In Insterburg waren wir am 14. September, im Vollgefühl des 
Sieges und großer Leistungen. Um so überraschender traf mich meine 
Versetzung als Chef der unter dem General v. Schubert in Breslau zu 
bildenden Südarmee.
	        
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