Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

612 Der Endkampf Sommer und Herbst 1918 
  
  
  
  
zu langsam Gelände gewann. Sie griffen zwischen Lys und Schelde auch 
auf die 6. Armee über. 
Die 6. und 7. Armee hatten Lille und Douai am 17. aufgegeben und waren 
im Anschluß an die 4. Armee hinter den Deule-Kanal in Richtung Avelgem— 
Tournai und Valenciennes ausgewichen. Der Feind näherte sich am 20. 
diesen Städten. Landeseinwohner beteiligten sich wiederum an den Kämpfen. 
Der Südflügel der 17., die 2. und 18. Armee rangen schwer. Der 
Gegner griff am 17. und 18. zwischen Le Cateau und der Oise heftig an. 
Wir waren gezwungen, die Front hinter den Sambre—Oise-Kanal aus der 
Gegend südwestlich Landrecies bis zur Oise zurückzunehmen. Nach einer 
Kampfpause am 19. dehnten sich die feindlichen Angriffe vom 20. ab nach 
Norden aus. Der Feind drang über Solesmes und Le Cateau in Richtung 
Landrecies vor. Die Kämpfe kosteten uns viel. Die Truppen schlugen sich 
nicht überall gut. Andere wiederum leisteten Glänzendes. Es war immer 
die gleiche Erscheinung. 
Die Heeresgruppe Deutscher Kronprinz hatte zunächst den linken 
Flügel der 18. Armee die Oise abwärts bis La Fere belassen. Versuche 
des Gegners, die Oise zu überschreiten, wurden abgewehrt. Am 20. wurde 
die Hermannstellung zwischen Oise und Serre bezogen. Der Feind drängte 
scharf gegen sie vor. Es entwickelten sich nun auch hier heftige Kämpfe. 
Die 7. und 1. Armee wurden zwischen Serre und Aisne angegriffen. 
Sie behaupteten im ganzen ihre Stellungen. Am 25. wiesen sie einen 
großen feindlichen Ansturm blutig ab. 
An der Aisne bis Vouziers—Grandpré, im Airetal und gegen die 
Höhen des linken Maasufers, richtete der Feind weiter starken Druck. Die 
Kämpfe waren schwer und kräftezehrend, führten aber zu keiner wesent- 
lichen Veränderung unserer Front. Sie griffen nach wie vor auf das öst- 
liche Maasufer hinüber, ohne daß auch hier eine Anderung der Lage ein- 
trat. Weiter südöstlich bis zur Schweizergrenze war Kampfstille. 
Die Westfront stand am 25. abends in hoher Anspannung. Es war 
Kampf von der holländischen Grenze bis Verdun. Das Heer erhielt nichts 
mehr aus der Heimat. Jeder Antrieb fehlte. Es war ein Wunder, daß es 
sich so heldenhaft schlug. 
Die Räumungsarbeiten nahmen bei außerordentlich ernster Betriebs- 
lage der Eisenbahnen ihren Fortgang. 
Der Ausbau der Antwerpen—Maasstellung schritt langsam vorwärts. 
Ihre Armierung begann. Die Oberste Heeresleitung mußte damit rechnen, 
Anfang November die Front dahin zurückzuverlegen, um sie noch weiter zu 
kürzen. Selbstverständlich kam dies auch dem Feinde zugute. Wegen der 
Bahnzerstörungen mußte der feindliche Angriff im Norden an Kraft nach- 
lassen. Es war zu erwarten, daß er jetzt in Lothringen einsetzen würde.
	        
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