Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

Mein Abschiedsgesuch 617 
  
  
äußerte, nur zu mir sprechend, sich namentlich gegen den Armeebefehl vom 
24. abends. Es folgten einige der bittersten Minuten meines Lebens. Ich 
sagte Seiner Majestät in ehrerbietiger Weise, ich hätte den schmerzlichen 
Eindruck bekommen, daß ich nicht mehr Sein Vertrauen besäße und daher 
alleruntertänigst bäte, mich zu entlassen. Seine Majestät nahm das 
Gesuch an. 
Ich fuhr allein zurück. Seine Moajestät sah ich nicht wieder. Ich sagte 
nach der Rückkehr in das Generalstabsgebäude meinen Herren, darunter 
auch Oberst v. Haeften, in tiefer Sorge, in 14 Tagen hätten wir keinen 
Kaiser mehr. Auch sie waren sich darüber klar. Am 9. November waren 
Deutschland und Preußen Republik. 
Der Generalfeldmarschall kam noch einen Augenblick zu mir in mein 
Zimmer. Ich konnte ihm nur das Abschiedsgesuch zeigen, dessen Absendung 
er vor drei Stunden verhindert hatte. Darauf trennten wir uns. 
Ich legte mein Amt sofort nieder. Das Abschiedsgesuch, das ich am 
Morgen geschrieben hatte, sandte ich ab; jetzt hätte ich ihm einen anderen 
Wortlaut geben müssen. 
Am Abend des 26. fuhr ich nach Spaa zurück, um meinen Herren, mit 
denen ich während langer Jahre Freud und Leid geteilt hatte, Lebewohl 
zu sagen und meine persönlichen Angelegenheiten zu ordnen. 
Am 27. mittags war ich im Großen Hauptquartier, nachmittags ver- 
abschiedete ich mich. Ich war bewegt. Meine Herren und die Armee in 
diesem schweren Augenblicke zu verlassen, griff mich an. Bei der Auf- 
fassung, die ich von meiner Stellung als Offizier gegenüber meinem Aller- 
höchsten Kriegsherrn hatte, konnte ich nicht anders handeln, als ich es tat, 
so unendlich schwer es mir wurde. 
Ich bin in meinem Soldatenleben nur einen Weg gegangen, den 
geraden Weg der Pflicht. Es hat mich nur ein großer Gedanke bewegt: 
das war die Liebe zum Vaterlande, zur Armee und zu dem angestammten 
Herrscherhaus. Ihnen hatte ich gelebt, auch diese letzten vier Jahre. Mein 
Streben war allein, den Vernichtungswillen des Feindes zu brechen und 
Deutschlands Zukunft vor neuen feindlichen Angriffen zu sichern. 
Am 27. Oktober stand ich in Spaa in voller Manneskraft am Ende 
einer militärischen Laufbahn, die mir ein ungeheures Schaffensgebiet ge- 
bracht hatte, aber auch eine Verantwortung, wie sie nur wenigen Menschen 
auferlegt ist. 
Abends verließ ich Spaa. In Aachen suchte ich mein erstes Kriegs- 
quartier auf. Ich dachte an Lüttich. Ich hatte dort meinen Mann ge- 
standen und mich seitdem nicht geändert. Meine Mustkeln strafften sich. 
Ich kehrte zurück in die Heimat. «
	        
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