Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

  
620 Nachwort 
  
  
Schwäche der vom Reichskanzler vertretenen Regierung und durch das 
Erlahmen des nicht geführten Volkes. 
Diejenigen, die seit Jahrzehnten dem Volke den Blick getrübt und 
gewissenlose Versprechungen gemacht haben, die ebenso lange gegen die 
Autorität in Staat und Heer gehetzt und sie nun zerstört hatten, sahen sich 
bald gezwungen, ihre bisher propagierten Grundsätze fallen zu lassen. 
Eine neue Autorität mußte geschaffen, ein neues Heer gebildet werden, um 
nun im Innern Gewalt gegen Gewalt zu setzen, wie es früher noch nie 
nötig war. Nicht die von der Revolution geschaffenen Truppen, sondern 
die freiwilligen Formationen mit dem Geist und der Mannszucht der 
Armee von 1914 retten das Vaterland — ein Lichtblick in dieser verhäng- 
nisvollen Zeit —; die Menschheit war doch nicht reif für die vermeintlichen 
Segnungen der Revolution. Was sie erreicht zu haben glaubt, konnte auf 
legalem Wege ohne unsere Selbstvernichtung gewonnen werden. Es war 
ein frevelhaftes Spiel ohnegleichen, das mit dem deutschen Volk in seiner 
schwersten Stunde gespielt ist. Es bezahlt dies ungeheure Verschulden mit 
seinem Leben und mit seinen Idealen. 
Die Welt stand dem allem staunend gegenüber; sie konnte das Un- 
geheuerliche: diesen Zusammenbruch des stolzen und mächtigen Deutschen 
Reiches, des Schreckens seiner Feinde, nicht erfassen. Die Entente hatte 
Furcht noch vor unserer vernichteten Stärke und konnte nicht genug tun, um 
die Gunst des Augenblicks auszunutzen, uns durch ihre Propaganda inner- 
lich noch weiter zu schwächen und uns einen Helotenfrieden aufzuzwingen. 
Deutschland ist durch eigenes Verschulden tief gebeugt. Es ist keine 
Großmacht, kein selbständiger Staat mehr. Sein Bestand und sein Be- 
stehen sind gefährdet. 
In allem geschwächt und verkleinert, geht es aus diesem Weltkampf 
hervor, auch beraubt an Gebieten und Volksteilen, die ihm seit vielen 
Menschenaltern angehören. 
Es verliert seine Kolonien. 
Seine Wehrkraft ist ihm genommen. Der Deutsche hat das Recht ver- 
loren, seinem Vaterlande mit der Waffe zu dienen. 
Deutschlands Handelsflotte verschwindet vom Weltmeer. Seine wirtschaft- 
liche Kraft ist gebrochen, was übrig geblieben, unter des Siegers Aufsicht ge- 
stellt. Das Leben von 70 Millionen Deutschen steht auf schwankendeim Boden. 
Die Kontributionen, die wir zu zahlen haben, sind unerschwinglich. 
Die Schuld, die die Revolution auf sich geladen, ist mit diesem Frieden 
allein nicht beendet. Sie macht das schwere Joch, unter das sie das deutsche 
Volk in die Hörigkeit hineingezwungen hat, zu einem voll zermalmenden. 
Sie leistet der Arbeitsunlust Vorschub und vernichtet das Gefühl, daß 
Arbeit noch mehr bietet als Geldverdienst. Sie behindert die Betätigung
	        
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