Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

60 Der Feldzug in Polen Herbst 1914 
  
weise noch auf der Achse. Sie waren besonders gut und haben uns viel zu 
schaffen gemacht. 
Es war eine bittere Enttäuschung gewesen, daß es unserer Diplomatie 
nicht gelungen war, Japan aus der Zahl unserer Feinde zu halten: Das 
war die Folge unserer unglücklichen Politik, die uns nach dem Frieden von 
Shimonoseki 1895 für Rußland die Kastanien aus dem Feuer holen ließ 
und die Besitzergreifung von Port Arthur seitens Japans verhinderte. 
Rußland hat es uns nie gedankt, bei Japan hat es uns unendlich geschadet. 
Es konnte mit Recht nicht verstehen, welches Interesse wir an seiner 
Schwächung hatten. 
Das Ultimatum, das uns die japanische Regierung im August 1914 
überreichte, soll sich wörtlich mit unserem Ultimatum 1895 gedeckt haben. 
Wir sprachen damals von der Zurückgabe Port Arthurs, Japan jetzt von 
der Kiautschous. Der Japaner versteht zu vergelten! 
Für die Weiterführung der Operationen mußte erwartet werden, 
daß die russische Armee der k. u. k. Armee trotz aller Marschschwierig- 
keiten folgen würde. Für sie war der Raum südlich der Weichselstrecke 
Sandomir—Krakau erst recht viel zu schmal. An eine Offensive nach Ungarn 
hinein konnte sie noch nicht denken, sie lief Gefahr, nördlich der Karpathen 
geschlagen zu werden. Es war mit Sicherheit anzunehmen, daß der Russe 
auch unterhalb der Sanmündung vormarschieren würde. Mit wieviel und 
in welchem Umfange, mußte im wesentlichen davon abhängen, ob er von 
der neuen deutschen Kräfteverteilung Kenntnis erhielt und wie er seine 
Niederlage in Ostpreußen einschätzte. 
Tatsächlich folgte der Russe über den San unter Einschließung von 
Przemysl nur schwach. Er führte seinen Truppen am Nijemen zunächst 
vorübergehend Verstärkungen zu. Gleich darauf setzte er aber, sobald er 
über den deutschen Vormarsch klar sah, alles, auch die neu eintreffenden 
sibirischen Armeekorps, zu einem gewaltigen und groß angelegten Vor- 
marsch über die Weichsel, von Warschau aufwärts bis zur Sanmündung, 
ein. Bei den Besprechungen in Neu-Sandec war die Lage noch in voller 
Entwicklung. Wir mußten uns auf das Nächstliegende: Vormarsch des 
Russen über den San und mit Teilen nördlich der oberen Weichsel ein- 
richten. Um diesem gewachsen zu sein und in Rücksicht auf eine 
immerhin mögliche Flankierung von Warschau her, erschien es erwünscht, 
auch Teile der eng zusammengedrängten k. u. k. Armee, dabei unser Land- 
wehrkorps, auf das nördliche Ufer der Weichsel hinüber zu nehmen. Die 
k. u. k. Armee südlich der Weichsel blieb noch stark genug, um allen an sie 
herantretenden Anforderungen zu entsprechen. 
Unsere Kolonnen und Trains führten in der Mehrzahl für den 
polnischen Kriegsschauplatz zu schwere Wagen. Sie waren zudem nicht
	        
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