Das Vormarschgelände 65
er von den Russen unbenutzbar gemacht und im Oktober von uns wieder—
hergestellt. Im November wurde er von uns zerstört. Dann stellten ihn
die Russen her und zerstörten ihn im Sommer 1915; darauf haben wir ihn
endgültig instandgesetzt. Auch weitere umfangreiche Arbeiten, wie Um—
nagelung der breiten russischen Spur auf Normalspur und zahlreiche
Brückenbauten mußten ausgeführt werden. Es wurde Vorzügliches geleistet.
Die Bahn nach Kielce und später nach Radom wurde erheblich früher
fertig, als ich es erwartet hatte. Auch der Ausbau der zweiten, allerdings
normalspurigen Wien—Warschauer Bahn von Tschenstochau über Nowo
Radomsk, Richtung Bahnhof Koljuschki, war in Angriff genommen und
beschleunigt fertiggestellt. Ebenso gelang es, einige Querbahnen in Betrieb
zu nehmen. Wir vermochten aber nicht, die Brücke bei Sieradz an der
Bahn Kalisch—Lodz zu vollenden und damit den Anschluß der polnischen
und deutschen Eisenbahnen in westlicher Richtung sicherzustellen.
Dank der unermüdlichen Arbeit einiger Herren meines Stabes, des
Majors Drechsel, der Hauptleute v. Waldow und Sperr, kamen die rück-
wärtigen Verbindungen schnell in eine feste Form. Alle Schwierigkeiten
wurden so rechtzeitig überwunden, daß die Operationen nicht litten.
Die Anforderungen an die technischen Nachrichtenmittel waren noch
schwieriger als in Ostpreußen. Die Russen hatten die wenigen vor-
handenen Stangenleitungen zerstört, die Stangen selbst umgelegt. Einige
Feldleitungen konnten gebaut werden, wir mußten damit auskommen; wir
waren noch nicht so verwöhnt wie später durch den Leitungsbau im
Stellungskrieg. Personenkraftwagen und Meldereiter, diese in Relais,
waren die sichersten Verbindungsmittel. Die wenigen Funkenstationen
leisteten wieder gute Dienste. Auch hier ist es mir gelungen, stets klar zu
sehen und die Befehle rechtzeitig durchzubringen.
Die Bevölkerung bereitete uns keine Schwierigkeiten. Sie war willig
und widersetzte sich unseren Anordnungen nicht. Der wohl geäußerte Ge-
danke, sie gegen die Russen aufzubieten, erwies sich als unausführbar. Die
sogenannte polnische Legion der k. u. k. Armee bestand meistens aus galizi-
schen Polen, die in der k. u. k. Armee dienstpflichtig waren. Ich übersah
dies in vollem Umfang erst später.
IV.
Am 4. Oktober begannen auch die Hauptkräfte des k. u. k. Heeres,
die 2., 3. und 4. Armee, den Vormarsch, sie gingen am 5. über die
Wisloka. Der Russe leistete keinen hartnäckigen Widerstand. Die k. u. k.
Truppen erreichten bereits am 9. den San und drangen in Przemys. ein.
Die k. u. k. 1. Armee und der rechte Flügel der 9. Armee kämpften
Kriegserinnerungen 1914—18. 5