66 « Der Feldzug in Polen Herbst 1914
am 4. Oktober bei Klimontow und Opatow gegen russische Schützen-
Brigaden, die recht glimpflich davonkamen. Die k. u. k. 1. Armee legte jetzt
den Schwerpunkt auf Sandomir, während der rechte Flügel der 9. Armee
im Weitermarsch gegen die Weichsel oberhalb der Sanmündung blieb.
Das XX. A. K. erreichte die Gegend nordwestlich Kielce, das
XVII. nach leichtem Gefecht Radom und schloß dorthin auf. Korps
Frommel hatte Tomaschow—Bahnhof Koljuschki erreicht, die 8. Kav. Div.
war etwa bei Rawa. Zwischen Kalisch und Thorn schob sich unser Grenz-
schutz langsam nach Polen hinein vor, im übrigen wurde er auf unseren
rückwärtigen Verbindungen verwendet.
Inzwischen mehrten sich die Nachrichten, daß sibirische Armeekorps
bei Warschau ausgeladen würden und starke Kräfte sich auf dem rechten
Weichselufer von der Sanmündung nordwärts schöben. Wir gewannen den
Eindruck, daß sich eine große feindliche Operation gegen die 9. Armee vor-
bereite. Ich wurde in meiner Ansicht über die eigene Operation bestärkt. Wir
hatten die Weichsellinie zu gewinnen und zu halten, während die k. u. k.
Armee am San die Hauptentscheidung brachte, indem sie den Russen an-
griff und schlug.
Im einzelnen ergab sich für uns zunächst das Erreichen der wahr-
scheinlichen ÜUbergangsstellen zwischen der Sanmündung und Iwangorod
und die Abschließung, günstigenfalls die Wegnahme des linksseitigen
Brückenkopfes dieser Festung. Des weiteren lag uns die Beobachtung der
Weichsel zwischen Iwangorod und Warschau ob. Endlich hatten wir einen
Schlag gegen die südlich Warschau sich versammelnden sibirischen Armee-
korps zu führen sowie im Anschluß daran die Festung abzuschließen, viel-
leicht zu nehmen. Die 9. Armee allein war für die Lösung aller dieser
zahlreichen Aufgaben zu schwach. Die k. u. k. 1. Armee mußte hierzu mit
verwendet und erheblich nordwärts geschoben werden.
Zunächst war die 9. Armee scharf nach Norden zu ziehen:
Das XVII. A. K. unter General v. Mackensen erhielt den Befehl, auf
Warschau vorzugehen.
Gruppe Frommel wurde an seine Befehle gewiesen.
Das XX. A. K. sollte Iwangorod beobachten und jeden Weichsel-
übergang nördlich der Festung verhindern.
Das Garde-R. K. erhielt die entsprechende Weisung gegenüber dem
Weichsellauf südlich der Festung bis Nowo Alexandrija einschließlich.
Das Landwehrkorps hatte südlich hiervon die Weichsel zu verteidigen.
Das XI. A. K. trat in den Rahmen der k. u. k. 1. Armee, um ihr einen
größeren Halt zu geben. Sie sollte die Weichsellinie südlich bis Annopol
halten und hier selbst einen übergang vornehmen, wenn weiter südlich der
San überschritten wäre. General v. Conrad stellte zwei Kavallerie-Divi-