Kämpfe im Weichselbogen 85
dem Oberbefehlshaber Ost unmittelbar unterstand. Wir hätten damit
schärferen Einfluß auf die Operationen bekommen.
Der linke Flügel der 9. Armee hatte jetzt solche Stärke erhalten, daß
nichts mehr zu besorgen war, er konnte sich langsam durch die feindlichen
Stellungen gegen die Bshura vorarbeiten; es war aber nur ein rein fron—
tales Abringen, keine großzügige Umfassung mehr. Gleichzeitig vermochten
wir auch in der Front bis herunter zur Armeeabteilung Woyrsch einschließ-
lich anzugreifen. Das II. A. K. war östlich Sieradz, die 48. Res. Div. zur
Verstärkung der Front bei dem Korps Breslau eingesetzt worden. Der
Angriff des II. A. K. hatte Anfang Dezember vollen Erfolg, es drang
scharf in Richtung Lodz vor. Leider hatte dieser Druck 14 Tage vorher
gefehlt.
Der Russe räumte Lodz am 6. Dezember und ging hinter die Miashga
zurück. Auch weiter südlich gewannen wir nun Gelände, da der Russe sich
dort in der zweiten Novemberhälfte geschwächt hatte, um Lodz zu halten.
Am 15. Dezember wurde auf dem nördlichen Flügel Lowitsch ge-
nommen; in der Front waren weitere örtliche Fortschritte zu verzeichnen.
Südlich Krakau hatte sich Ende November die Lage verschärft. Das
k. u. k. Armee-Oberkommando hatte dringend um eine deutsche Division
zur Verstärkung seiner Front gebeten. Nur mit schwerem Herzen schickten
wir die 47. Res. Div. dorthin. Rein theoretisch schien dies ein Fehler zu
sein. Die Ereignisse gaben uns recht. Die Division kam gerade früh-
zeitig genug, um die Schlacht zu halten. General v. Conrad erstrebte hier
eine Umfassung des russischen Südflügels aus den Karpathen heraus. Er
hatte, um dies zu ermöglichen, seine Front stark verdünnt. In der krisen-
reichen Schlacht um Limanowa—Lapanow vom 3. bis 14. Dezember ge-
lang es ihm, die Russen westlich des Dunajek zu schlagen; es war dies ein
schöner Erfolg der österreichisch-ungarischen Waffen nach dem vielen
Schweren, das die k. u. k. Armeen seit Feldzugsbeginn erlitten hatten.
Unter dem Druck unserer Fortschritte in Polen und Galizien fiel die
russische Front hinter den Bshura—Rawka-Abschnitt, die obere Pilitza, die
Nida und den Dunojek zurück.
Die Umfassung des Generals Boroevic aus den Karpathen heraus
zwischen San und Dunajek stieß bald auf überlegenen Feind, der nicht
zögerte, seinerseits zum Angriff überzugehen. Der österreichisch-ungarische
Umfassungsflügel wurde in die Karpathen zurückgedrängt. Es begann sich
hier eine Lage zu entwickeln, die für die Entschließungen im Jahre 1915
von weitestgehender Bedeutung sein sollte.
In dem Weichselbogen, namentlich bei der 9. Armee, fand noch eine
Reihe örtlicher Kämpfe statt, die besser unterblieben wären. Wir kannten
den Schützengrabenkrieg noch zu wenig. Es wurde zuviel „herum-