Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

Der Ausgang des Feldzuges in Polen 87 
reich-Ungarn herrschte Freude. Doch schon in den Tagen der Einnahme 
von Lodz und der Schlacht von Limanowa gingen die k. u. k. Truppen 
geschlagen aus Serbien zurück. Sie waren kein vollkräftiges Kampfinstru- 
ment mehr. Sie hatten ihre Gegner zu Anfang unterschätzt, nun verfielen 
sie in das Gegenteil, sie überschätzten sie und empfanden Schrecken allein 
vor der Zahl. Jenen Aberglauben, verbunden mit einem gewissen 
Schwächegefühl gegenüber diesen Feinden, hat die ursprünglich tapfere 
Armee nicht mehr überwunden. 
Im Schloß zu Posen entwickelte sich beim Stab ein harmonisches 
Leben, wir waren zusammengeschweißt durch gemeinsam getragene 
Sorgen, wie durch gemeinsam erworbenen Ruhm. Es bildete sich die 
Gewohnheit heraus, daß wir nach dem Abendessen noch eine Zeitlang zu- 
sammenblieben. Wir saßen dann um einen runden Tisch, auf dem eine 
Fächerpalme stand, ein Geschenk Ihrer Majestät, unserer Kaiserin, einer 
wahrhaft deutschen Frau, deren ich stets in tiefster Verehrung gedenke. 
Für mich war die kurze Stunde eine Zeit der Ruhe in der fast er- 
drückenden Arbeit dieser vier Kriegsmonate. 
Ein gewaltiger Kampf war zu Ende. Neues war im Werden! 
Deutschland und Österreich-Ungarn waren von der Russengefahr gerettet. 
Alle Pläne des Großfürsten waren gescheitert. Sein Angriff auf die Ost- 
grenze Preußens, der Vormarsch auf dem westlichen Weichselufer und 
damit alle Hoffnungen der Entente auf eine siegreiche Beendigung des 
Krieges im Jahre 1914 waren zusammengebrochen. Die Preisgabe der 
östlichen Teile Ostpreußens und eines großen Teils von Galizien, so hart 
sie war, fällt demgegenüber nicht ins Gewicht. 
Auch der zweite Teil des Feldzuges in Polen war eine Tat. Die 
Kriegsgeschichte kennt nur wenig Ahnliches. 
Unsere Truppen, die seit Anfang August dauernd im Kampf oder in 
Bewegung waren, hatten sich über alles Lob erhaben gezeigt. Sie hatten 
auch jetzt wieder eine beinahe doppelte Überlegenheit besiegt. Nur mit 
solchen Führern und Soldaten war es uns möglich gewesen, kühne Ab- 
sichten auch gegen übermacht in die Tat umzusetzen. 
Ehre und ewiges Gedenken der deutschen Armee des Jahres 19141!
	        
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