Full text: Urkunden der Obersten Heeresleitung über ihre Tätigkeit 1916/18

Stellung des Reichsgerichts zu Streiks 97 
  
Privatmitteilungen stimmt dies z. B. bei Ersatz-Bataillonen, aber auch an 
höheren Stellen. Nachprüfung dürfte sich empfehlen. 
Dem Herrn Reichskanzler, Reichsamt des Innern, Reichswirtschaftsamt 
und dem Herrn Kriegsminister habe ich Abschrift gesandt. 
J. A.: gez. Ludendorff. 
14.) 
Kriegsministerium. Berlin W. 66, den 8. 12. 1917. 
Nr. 7451. 17 g. A. 1. 
Geheim! 
Das Reichsgericht hat sich im Urteil vom 19. 10. 1917, C. 85 1916 
X. 1482. 1917, in der Strafsache gegen die Schriftstellerin Berta Thal- 
heimer wegen versuchten Landesverrats über die Kriegführung schä- 
digende Streiks wie folgt ausgesprochen: 
„Daß es sich bei den Druckschriften nur um Stimmungsmache für eine 
Anschauung gehandelt habe, wie der Verteidiger meinte, ist nach dem Ge- 
sagten nicht richtig; es galt der Angeklagten darum, so viel in ihren 
Kräften stand, beizusteuern zur Beendigung des Krieges durch Arbeits- 
verweigerung der Arbeitermassen gerade in den mit Herstellung von 
Kriegsbedarf befaßten Betrieben. Das Nachteilzufügen im Sinne von § 89 
St. G. B. erfordert keine öffentliche Aufforderung zu einer bestimmten 
Arbeitseinstellung, wie die Verteidigung auszuführen suchte. Es genügt 
jede Handlung, die auch nur mittelbar die deutsche Kriegsmacht schädigen 
kann. 
Es standen nicht bloß sogenannte „Demonstrationsstreikse in Frage, 
vielmehr ging die Absicht der Täter auf einen allgemeinen Ausstand zur 
*) Das Schreiben stellt sich auf den Standpunkt, daß Streik Landesverrat ist. 
Es steht damit auf dem gleichen Boden, wie der Erlaß des Eisenbahnministers Oeser 
vom 9. August 1919 an die Eisenbahnbeamtenschaft: „Diese Propaganda der Streiks 
ist, besonders im jetzigen Augenblick, ein Verbrechen am deutschen Volk 
Ich darf keinen Zweifel darüber lassen .., daß die Fortsetzung dieser Pläne und 
jede Betätigung der Streikorganisation an den schuldigen Beamten mit den gesetzlichen 
Strafen geahndet werden wird. Das niedergebrochene, aus tausend Wunden 
blutende Vaterland bedarf zu seiner Aufrichtung in einem anderen Maße der Treue 
der Beamtenschaft als vor dem unglücklichen Kriege. Nur wer so denkt, hat den sozialen 
Geist erfaßt, denn sozial wirken heißt nicht, sich voranstellen, sondern dem großen 
Ganzen dienen. gez. Oeser.“ 
Die Not des Vaterlandes war im Kriege ebenso groß. Auch wir erstrebten nur, 
daß jeder dem großen Ganzen dienen sollte. 
Damals galt dies als Verstoß gegen den Heiligen Geist der Sozialdemokratie, jetzt 
sieht sie sich gezwungen, nachdem sie alles zum Zusammenbruch gebracht hat, ebenso 
zu denken. Der Verfasser. 
Urkunden der Obersten Heeresleltung 1916—1918. 7
	        
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