Schnellere Herauslösung der ko. Reklamierten. — Streiks 99
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Chef des Generalstabes des Feldheeres. Gr. H. Qu., den 17. 2. 1918.
An den Reichskanzler.
Euer Exzellenz haben in den Besprechungen vor Seiner Majestät in
Homburg auf die Möglichkeit erneuter Streiks hingewiesen. Ich darf mir
deshalb erlauben, im nachfolgenden den Einfluß der Streiks auf die Krieg-
führung kurz zu erörtern.
Er besteht einmal darin, daß eine Anzahl von Truppen und von Er-
satzmannschaften im Inlande festgehalten werden, die ich schon jetzt, wahr-
scheinlich aber auch in der Folge an der Front dringend gebrauche. Ferner
wird auch die gesamte Rüstungsindustrie unter Umständen in schwer-
wiegende Mitleidenschaft gezogen. Zwar hat der letzte Streik in dieser
Hinsicht keinen erheblichen Schaden angerichtet. Sein Mißerfolg lag aber,
abgesehen von der festen und entschlossenen Haltung der Regierung und der
militärischen Gewalt, auch an der unzureichenden Organisation, der kurzen
Dauer und der geringen Beteiligung der Arbeiter. Zweifellos wird aber
weitergehetzt. Die Bolschewiki-IJdeen wirken namentlich auf die jugend-
lichen Elemente ansteckend (bei den ruhigen und vernünftigen Arbeitern
allerdings wohl umgekehrt). Wahrscheinlich sind auch feindliche Agenten
und feindliches Geld für den Umsturz tätig. Es ist also die Frage, ob die
nächsten Streiks gleich günstig verlaufen. Zudem liegen die Verhältnisse
insofern wesentlich anders, als einerseits mit dem Frühjahr der Bedarf an
allen Gegenständen der Rüstungsindustrie erheblich steigt, zweitens die
Leistungen der Rüstungsindustrie nicht mehr wie bisher durch die Kohle,
sondern wahrscheinlich wieder durch die Zahl der Arbeiter be-
einflußt werden.
Aus allen diesen militärischen Gründen und der sich daraus ergeben-
den Notwendigkeit, allen Streiks vorzubeugen, gestatten mir Euer Ex-
zellenz ferner meine Ansicht über die möglichen und nötigen Maßnahmen
auszusprechen:
1. Besonders wichtig scheint es mir, daß möglichst bald der Stand-
punkt, daß Streik während des Krieges Landesverrat ist, klipp und klar
ausgesprochen wird, ebenso auch die sich daraus ergebende Folgerung, daß
*) Das Schreiben ist im Anschluß an den Januarstreik entstanden, der allerdings
gänzlich verunglückt ist. Die Regierung hatte sich zu diesem Streik anfangs schwankend
gestellt. Erst die durch einen Veortreter der Obersten Heeresleitung mündlich überbrachte
Erklärung, „daß die Oberste Heeresleitung die gegebenenfalls eintretende Verringerung
der Kriegsgerätlieferungen auf sich nähme, weil dieser Schaden geringer sei als die
Folgen etwaiger Nachgiebigkeit gegen die Streikforderungen“, veranlaßte die Regierung
zu ihrer glatt ablehnenden Haltung gegen die Streikenden. Bezeichnend war, daß diese
eunerwartete“ Stärke der Regierung den Streik sofort zum Abflauen brachte. D. Verfasser.
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