Schriftwechsel mit Professor Dr. Kraft-Dresden 119
giftigsten Waffen, weil er die deutsche Ehrlichkeit in unverantwortlichen
und verantwortlichen Stellen, ihre einst unantastbare Festigkeit, ims Wanken
bringt. Das geschäftliche überwuchern des „Stammes der Unabkömmlichen“
über den in der Front stehenden Stamm des soliden deutschen Handels
macht unsere Herzen mehr besorgt als die Opfer, die der Krieg von jeder
einzelnen deutschen Familie verlangte. Der vornehmste Zug im deutschen
Volk ist am schwersten bedroht, der es ermöglichen sollte, daß am deutschen
Wesen die Welt genesen könne. Die tiefernste Sorge darum legen wir zu
so vielen anderen an das Herz der Männer, zu denen wir als unseren
unbestechlichen Führern kerndeutscher Art emporblicken!
In ausgezeichneter, dankbarster Verehrung
Eurer Exzellenz ergebenster
Prof. Dr. Kraft.
An Prof. Dr. Kraft. 3. 3. 1918.
Ich ermächtige Sie gern zu der Erklärung, daß ich eine Außerung,
der deutsche Arbeiter sei zu einem Streik zu feige, selbstverständlich nie
getan habe. Es tut mir leid, daß man mir einen solchen Unfinn zutraut.
Wohl aber habe ich mich stets dahin ausgesprochen, daß ich die Masse der
deutschen Arbeiterschaft für zu vaterländisch gesinnt halte, als daß sie
während des Krieges in einen Streik treten würde.
gez. Ludendorff.
Gr. H. Qu., den 4. 3. 1918.
An Oberst v. Winkerfeldk.
Sehr geehrter Herr Oberst! Anliegend sende ich Ihnen einen Brief
des Professors Dr. Kraft, woraus Sie im ersten Teil einmal ersehen können,
mie gegen Exzellenz Ludendorff agitiert wird. Der Brief enthält aber
noch einen weiteren wesentlichen Punkt, und das ist die Wohnungs= bzw.
Ansiedlungsfrage. Auch ich teile die Ansicht des Professors Kraft, daß es
sehr erwünscht wäre, von der nächsten Kriegsanleihe großzügig eine Summe
für Siedlungszwecke abzuzweigen. Sollte es nicht möglich sein, daß Herr
Damaschke einmal über den Stand der Bodenreform Vortrag hält? Es
ist meines Erachtens die größte nationale Bewegung, die wir im Augenblick
haben. Wenn sie nicht in die Offentlichkeit dringt, so liegt es nur daran,
daß unsere ganze Presse in gewisser Abhängigkeit von den führenden Groß-
banken steht, denen allerdings eine Bodenreform einen erheblichen Strich
durch die Rechnung machen würde. Die sozialdemokratische Presse hält
sich aus der Sache fern, weil durch eine Bodenreform der Sozialdemokratie