Full text: Urkunden der Obersten Heeresleitung über ihre Tätigkeit 1916/18

Stellungnahme des Kriegsministeriums 125 
  
Zunächst ist es erforderlich, daß die Einrichtungen zur Arbeiter- 
anwerbung in Belgien die seit längerer Zeit mit dem General- 
gouvernement vereinbarte Erweiterung erfahren, die, wie aus der u. R. 
beigefügten Anlage ersichtlich, beim Reichsamt des Innern dringend an- 
geregt, von diesem indes trotz wiederholten Ersuchens noch nicht durch- 
geführt worden ist. 
Jede Werbetätigkeit für außerhalb Belgiens gelegene Betriebe muß 
aber in ihren Aussichten stark herabgedrückt werden, solange die ab- 
wandernden Arbeiter befürchten zu müssen glauben, durch diesen Schritt 
ihre Lebensbedingungen nicht nur nicht zu verbessern, sondern im Gegenteil 
zu verschlechtern. Es ist nicht zu erwarten, daß große Scharen belgischer 
Arbeiter sich mit Freudigkeit zur Arbeilsaufnahme in Deutschland oder 
im französischen Etappen= bzw. Operationsgebiet melden, solange dieser 
Schritt ihnen und ihren Familien die bis dahin genossene Unterstützung 
der Commission for reliek entzieht und eine erhebliche Beeinträchtigung 
ihrer wirtschaftlichen Lage herbeiführt. Fast ebensosehr fällt ins Gewicht 
die Weiterführung entbehrlicher Arbeiten sowie vollends die Weiterzahlung 
von Unterstützungen, mit deren Hilfe in Belgien Unternehmer und un- 
gewollt auch deutsche Behörden verwendbare Arbeiter von der Ab- 
wanderung fernhalten. Daß an keiner Arbeit in den besetzten Gebieten 
mehr deutsche Kräfte — außer einigen leitenden Personen — beschäftigt 
werden dürfen, ist selbstoerständlich. Inwieweit die Industrien des be- 
setzten belgischen Gebiets mit kriegswirtschaftlichen nütz- 
lichen Aufträgen beschäftigt werden können, wird zur Zeit sorg- 
fältig geprüft, jede andere Tätigkeit muß unter allen Um- 
ständen aufhören. 
Für Russisch-Polen kommt es außer der gleichen Einstellung 
entbehrlicher Arbeiter nach einhelligem Urteil des Herrn Verwaltungschefs 
der Deutschen Arbeiterzentrale und des Kriegsministeriums vor allem 
darauf an, daß die Anwerber den Arbeitern beim Vertragsschluß die feste 
Zusicherung eines Heimaturlaubs von ein bis zwei Wochen nach Ablauf 
gewisser Vertragsdauer geben können. Nur dieses Lockmittel ist noch im 
Stande, größere Zahlen polnischer Arbeiter freiwillig nach Deutschland zu 
bringen. In der vom Kriegsministerium beabsichtigten Form würde dieses 
Zugeständnis auch keinen Bedenken vom Standpunkt der Betriebsstetigkeit 
aus unterliegen, da der Urlaub nur während laufender Verträge 
erteilt werden, also im Falle eines Überschreitens die Möglichkeit einer 
Zwangszurückführung bestehen würde. Das Kriegsministerium ist ständig 
bemüht, den seit einem Jahre von den preußischen Zivilministerien, ins- 
besondere dem Ministerium des Innern, gegen diese Milderung der be- 
stehenden Vorschriften erhobenen Widerspruch zu beseitigen. Ebenso ist
	        
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