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Stellungnahme des Kriegsministerlums 127
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mäßigkeit eines Zwanges in dieser Richtung vermag das Kriegsministerium
nicht zu teilen. Das Kriegsministerium nimmt weder an, daß ein derartiger
Entschluß die freie Anwerbung für deutsche Betriebe, noch daß er die frei-
willige Arbeit in belgischen Betrieben empfindlich schädigen könnte. Das
Kriegsministerium hält vielmehr das Gegenteil für wahrscheinlicher. Wenn
mit einem zwangsmäßigen Heranziehen zu der unwillkommenen
Arbeit im Operations= und Etappengebiet wirklich Ernst gemacht würde,
dann dürfte das Interesse der Belgier, jede Gelegenheit zu den mit all-
gemein angenehmeren Bedingungen, besonders mit höherem Verdienst und
geringerer Gefahr verbundenen freiwilligen Arbeiten in belgischen
und deutschen Betrieben zu ergreifen und festzuhalten, weit erheblicher
wachsen, als es heute ohne dieses Druckmittel der Fall ist. Außerlich mili-
tärischer und innerlich wirtschaftlicher Druck würden sich dabei unterstützen.
Sollte dieser mittelbare Zwang zur Arbeitsaufnahme in deutschen Be-
trieben die Abwanderung von Belgiern dort nicht genügend wirksam be-
fördern, so würde das Kriegsministerium bei voller Würdigung der oben
ausgesprochenen Gegengründe auch hier vor unmittelbarem Zugreifen
nicht zurückschrecken.
Um eine vollständige Unterrichtung über die Arbeitsverhältnisse der
besetzten Gebiete zu erhalten und um die weitere Anwendungsmöglichkeit
der vorstehend geschilderten Beschaffungsart stets richtig beurteilen zu
können, bedarf das Kriegsministerium des Eindrucks an Ort und Stelle.
Euer Exzellenz werden daher ergebenst ersucht, für Anweisung der Ge-
neralgouvernements"“) und der Etappeninspektionen dahingehend Sorge zu
tragen, daß Vertretern des Kriegsministeriums jederzeit die Prüfung der
gewerblichen und landwirtschaftlichen Betriebe, sowie der Lage des Arbeits-
marktes in den besetzten Gebieten, zu gewähren sei.
Die Verständigung mit den Herren Generalgouverneuren in Brüssel
und Warschau darf Euer Exzellenz ergebenst überlassen werden.
I. A.: gez. v. Wrisberg.
23.
(Siehe auch S. 81.)
Ergebnis
der unter Beteiligung der Reichs= und preußischen Ressorts am 17. Oktober
1916 im Reichsamt des Innern abgehaltenen kommissarischen Besprechung,
betreffend Versorgung der Kriegsindustrie mit Arbeitskräften.
I. Heranziehung von Arbeitern aus den besetzten Gebieten.
a) Arbeiter aus dem Gebiete des Generalgouvernements Warschau.
Die durch die behördlichen Arbeitsämter sowie die deutsche Arbeiterzentrale
*) Die Generalgouvernements unterstanden nicht der O. H. L., wir hatten kein
Recht, sie mit Anweisungen zu versehen. Der Verfasser.