152 III. Finanzfragen, Löhne und Kriegsgewinne
Mit diesen Erscheinungen ist zwangsmäßig eine ganz außerordentliche
Verteuerung des Lebens verbunden. Ich bedaure, daß sie nicht hat ver-
mieden werden können, und ich halte es nach wie vor für eine unserer
ernstesten Aufgaben, die Kosten für den Lebensunterhalt minderbemittelten
Personen — und das sind bei der augenblicklichen Lage vor allem die Fest-
besoldeten — wieder erschwinglich zu machen. Für das Feldheer hat diese
Frage eine ganz besondere Bedeutung; seine Angehörigen haben keinen
Anteil an Kriegsgewinnen und Lohnsteigerungen, im Gegenteil haben viele
in ihrer wirtschaftlichen Stellung erhebliche Einbuße erlitten; anderseits
aber sind sie diejenigen, die für die Allgemeinheit ganz unvergleichlich
mehr leisten, als die Daheimgebliebenen. Da ist es unerträglich, daß
gerade sie bei Friedensschluß einer wirtschaftlichen Not gegenüberstehen
sollen. Eine solche Entwicklung muß aus Gründen der Gerechtigkeit ver-
hindert werden. Welche Wege hierzu zu beschreiten sind, will ich hier nicht
erörtern. Feststehend scheint mir nur zu sein, daß die von uns bisher an-
gewandten Mittel nicht zum Ziel geführt haben.
Unabhängig aber von diesen Zukunftsaufgaben handelt es sich zunächst
einmal darum, den jetzt eingetretenen Zuständen Rechnung zu tragen. Sie
sind derart, daß die unbemittelten Offiziere und Unteroffiziere in der
Heimat — und mit ihnen wohl die meisten Festbesoldeten — sowie be-
sonders die Offizierwitwen und Waisen von den im Kriege Gefallenen in
eine derartige Lage gekommen sind, daß man von einem Notstand sprechen
muß. Ich halte daher schon jetzt eine Heraufsetzung der Offiziergehälter
(Friedens= bzw. immobile Gehälter), sowie der Offizier= und Witwen-
pensionen für notwendig. Ein Aufschub bis zur Friedenszeit ist bei den
eingetretenen Zuständen nicht möglich. Ich möchte dabei betoffen, daß
eine solche Erhöhung auch notwendig bleibt, wenn es gelingen sollte, den
Lebensunterhalt erheblich zu verbilligen, denn die Unterhaltungskosten
werden sich auch dann wohl sicher nicht auf den Grad, wie er vor dem
Kriege bestand, senken lassen.
Vom finanzpolitischen Standpunkt werden gegen diesen Vorschlag er-
hebliche Bedenken geltend gemacht werden. Sie müssen zurücktreten. Es
geht nicht an, daß wir aus der allgemeinen Entwertung des Geldes nicht
die Folgen für die staatlich Besoldeten ziehen.
Offizierkorps und Beamtenschaft haben in diesem Kriege ihre Pflicht
überreich erfüllt. Das Volk schuldet ihnen Dank, und wenn letzterer auch
nicht mit Geld aufgewogen werden kann, so ist doch zum mindesten zu ver-
langen, daß die treuesten Stützen des Staates nicht in bittere Not geraten.
gez. v. Hindenburg.