Full text: Urkunden der Obersten Heeresleitung über ihre Tätigkeit 1916/18

174 IV. Kriegswirtschaft, Beschaffungsfragen 
  
Bei dieser Lage ist es unbedingt notwendig, im besetzten Gebiet die Ernte voll- 
ständig einzubringen und jegliche Vergeudung von Lebens- und besonders von Futter- 
mitteln zu verhindern. Darin liegt — besonders im Verlauf von Angriffshandlungen — 
eine gewisse Härte gegen die Truppe. Das darf uns aber nicht hindern, die Rücksicht 
auf die Gesamtheit voranzustellen und gegen jede Verschwendung rücksichtslos ein- 
zuschreiten. 
1 1. 
Geschrieben im Oktober 1918. 
Die Munikionsversorgung im Kriege. 
Die Befürchtungen des Generalstabes, daß die Mobilmachungsvorräte 
an Munition kaum für die ersten Schlachten reichen und daß die 
Neufertigung zu spät und unzureichend einsetzen würde, haben sich er- 
füllt. So standen wir bereits im September 1914 vor einer schweren Muni- 
tionskatastrophde. Um den Zusammenhang zwischen Bedarf, Fertigung, 
Reserven, Truppenbeständen und Verbrauch klarzulegen, sei vorweg 
folgendes bemerkt: Der Bedarf, d. h. die Munitionsmenge, die zur Er- 
füllung der Gefechtsaufgaben unter Zurechnung eines gewissen Sicherheits- 
koeffizienten für unvorhergesehene Fälle nötig war, ist fast im ganzen 
Kriege größer gewesen, als die Fertigung leisten konnte, ausgenommen bei 
den von langer Hand her vorbereiteten Angriffsschlachten. Der Bedarf 
konnte also an sich meist nur teilweise gedeckt werden. Er schwankte 
außerdem je nach Jahreszeit und allgemeiner Kampftätigkeit erheblich, 
während die Fertigung sich nach der ersten Krisis im Herbst und 
Winter 1914 verhältnismäßig regelmäßig und in kleinen Sprüngen 
steigernd vollzog. Dies zwang dazu, daß vor allem die O. H. L. sich Re- 
serven halten mußte, die pufferartig zwischen Bedarf und Fertigung 
ausglichen; die Reserven konnten nur in ruhigen Monaten, d. h. im 
Winter, ohne große Nachteile für die Kampftätigkeit angesammelt werden, 
in der übrigen Zeit mußte man entweder an sich wünschenswerte Unter- 
nehmungen ausfallen lassen oder die Truppen bzw. größere Teile des 
Heeres zur Sparsamkeit anhalten. Der Bedarf wurde also in solchen 
Zeiten nur zum kleinsten Teil gedeckt. Das hatte naturgemäß schwere Nach- 
teile, insbesondere kostete die dadurch verursachte Herabsetzung der eigenen 
Gefechtstätigkeit Verluste, die sonst vermieden wären. Der tatsächliche 
Verbrauch konnte theoretisch je nach dem Verhältnis des Gegners 
größer oder geringer sein als der angenommene und angemeldete Bedarf. 
In Wirklichkeit richtete er sich stets nach dem bei der Truppe vorhandenen 
Bestande, d. h. dem Teil des Bedarfs, der wirklich zur Truppe 
gelangt war. Den Truppen rechtzeitig einen möglichst großen Teil ihres 
Bedarfs zuzuführen, war also die Hauptaufgabe, deren Erfüllung von der 
Transportmöglichkeit, den vorhandenen Reserven und der Neufertigung 
abhing. In dem natürlichen Bestreben, sich nicht zu verschießen und dann
	        
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