Full text: Urkunden der Obersten Heeresleitung über ihre Tätigkeit 1916/18

Denkschrift über Bevölkerungspolitik 219 
— 
Deutschlands Säuglingssterblichkeit wird in Europa nur 
von Österreich und Rußland noch überboten. 
Dank der großzügig angelegten „Säuglingsfürsorge“ ist 
zwar eine fortschreitende, erhebliche Verminderung der Säuglingssterblich- 
keit zu erkennen. — Im Jahre 1901 starben noch 269 vom Tausend; im 
im Jahre 1913 waren es nur noch 167 vom Tausend — doch bleiben 
Deutschlands Leistungen auf diesem Gebiete noch weit hinter anderen, sonst 
weniger kultivierten Staaten Europas zurück. 
Besonders schlimm steht es um die unehelichen Kinder. Die 
unehelichen Geburten Deutschlands haben sich verhältnis- 
mäßig gesteigert und betrugen 1914 bereits 9,8 0, also fast ein Zehntel 
aller Geburten. 
In Preußen lieferten die Städte 11,5 v. H. unehelicher Kinder 
  
- - - das Land 6,5 - s 
- - kamen auf 1000 eheliche Geburten 28,3 tote Kinder 
- s I 1000 unehel. - 43,7 " 
" "c starben von 1000 Lebendgeborenen 147 eheliche Stadt- 
" O„Ü - -1000 - 261 unehel. J säuglinge 
1000 " 159 eheliche . Land- 
" - - * 1000 - 287 unehel. Jsäuglinge. 
Von 1000 ehelichen Berliner Kindern vollendeten 696 das erste 
Lebensjahr, von 1000 unehelichen nur 332. 
Von 1000 ehelichen Kindern wurden in Berlin 512 19 Jahre alt, also 
über die Hälfte, von 1000 unehelichen nur 136, also nur ein Achtel. 
Wir erleiden mithin einen großen Verlust aller Säuglinge und älteren 
Kinder, besonders der unehelichen, wobei die vorhergehenden Einbußen 
durch die sicher zunehmenden künstlichen Fruchtabtreibungen noch gar nicht 
mitgerechnet sind. 
Die Sterblichkeit der älteren Kinder hat allerdings seit 1900 erfreulich 
abgenommen; jedoch kann und muß hierin noch viel mehr geleistet werden. 
Die Ursachen der hohen Kindersterblichkeit liegen weit mehr auf wirt- 
schaftlichem und sittlichem als auf hygienischem Gebiet (s. untenl!). 
12. Ein Krebsschaden unserer Volkskraft sind die Geschlechts- 
krankheiten. 
Abgesehen von den zahlreichen Todesfällen und Schädigungen der Er- 
werbskraft, die sie und ihre mannigfaltigen Folgen bei den Befallenen selbst 
verursachen, werden aus Anlaß der Geschlechtskrankheiten der Eltern jähr- 
lich schätzungsweise Hunderttausende von Kindern weniger bzw. nicht 
lebensfähig geboren. Die Zahl der Kinder, die allein in Preußen infolge 
ererbter Syphilis jedes Jahr im Säuglingsalter sterben, wird auf 30 000 
und mehr angenommen.
	        
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