220 XI. Bevölkerungspolitik und Fürsorge für Kriegsteilnehmer
13. Von den Volksseuchen ist die Tuberkulose noch immer
die verbreitetste und verheerendste. Dank ihrer planmäßigen Bekämpfung
war sie seit 30 Jahren stetig zurückgedrängt worden. Im Jahre 1918 hatte
sie den tiefsten Stand erreicht. Von je 100 000 Lebenden waren im Jahre
1879 nach 325 an Tuberkulose gestorben, 1913 nur noch 137.
Durch die Einflüsse des Krieges ist sie wieder stärker hervorgetreten;
bereits 1915 starben 6% mehr an Tuberkulose als im Jahre 1914, und
für 1916/17 werden sich die Zahlen noch viel ungünstiger stellen.
14. Die übrigen Seuchen (namentlich Cholera, Typhus, Ruhr,
Diphtherie, Pocken, Fleckfieber) traten in Deutschland nur noch vereinzelt
auf, seitdem hauptsächlich durch die deutschen Arzte — namentlich Robert
Koch — ihre Entstehung erforscht und Verhütungsmittel erfunden worden
sind. (Offentliche Hygiene, Trinkwasser und Kanalisation, Absperrung der
Erkrankten, Vernichtung der Krankheitskeime, Schutzimpfungen.)
B. Abnahme der Bevölkerung durch den Krieg.
1. Der uns aufgezwungene Krieg hat viele Hunderttausende der
kräftigsten und tüchtigsten deutschen Männer und Väter durch Ver-
wundungen und Krankheiten dahingerafft und wird noch weitere Opfer
kosten, bis endlich unsere Feinde zu dem ihnen wiederholt angebotenen
Frieden bereit sein werden.
2. Infolge Abwesenheit der Bäter sind allein in den beiden Jahren
vom Juli 1915 bis 1917 mindestens 1½ Millionen Kinder in Deutsch-
land weniger geboren worden als zuvor.
3. Die Kriegsverluste an Geburten werden voraussichtlich die Ver-
luste an Gefallenen übersteigen.
4. Aus den Berichten des Statistischen Landesamtes vom 28. 4. und
19. 12. 1916 geht hervor, daß schon infolge der beträchtlichen Geburten-
abnahme vor dem Kriege vom Jahre 1928 ab in Preußen ein scharfer
Rückgang der Zahl der gestellungspflichtigen jungen Mann-
schaften zu erwarten ist, und daß bis 1934 die Zahl der Gestellungspflich-
tigen von 475 000 bereits auf etwa 424 000, also um rund 11 00, gefallen
sein wird.
5. Der gewaltige Verlust an wehr= und zeugungsfähigen Männern
und der dadurch bedingte Ausfall an Geburten nach dem
Kriege beeinträchtigen nun noch lange Zeit unsere künftige Wehrkraft und
damit die einzig sichere Bürgschaft unserer politischen und wirtschaftlichen
Zukunft.
6. Die Zahl der Gestellungspflichtigen wird in den
nächsten Jahren bereits, wenn auch nur vorübergehend, vermindert
sein durch die schon vollzogene vorzeitige Aushebung und den freiwilligen